Wie Unternehmer die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter fördern

Von der Redaktion der Tageszeitung KURIER wurde ich um eine Stellungnahme zum Thema Work-Life-Balance gebeten, die in der Wirtschaftsbeilage BIG CAREER veröffentlicht wurde. Diese Anfrage habe ich auch gleich zum Anlass genommen, diesen Beitrag zu schreiben.

Und weil ich hin und wieder mit allgemeinen Fragen wie „Was ist Work-Life-Balance, was versteht man darunter?“ konfrontiert werde, vorab eine kurze Erläuterung:

Bei der Work-Life-Balance geht es darum, die Arbeit und das Privatleben „unter einen Hut zu bringen“, also eine Balance zwischen Beruf und Privatleben zu erreichen.

Oder anders formuliert: Ziel der Work-Life-Balance ist die (bessere) Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Privatleben.

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Berufstätige Eltern wünschen sich familienfreundliche
Rahmenbedingungen für eine bessere Work-Life-Balance …


Work-Life-Balance – das Bewusstsein hat zugenommen

Und das nicht nur seitens der Mitarbeiter, sondern auch auf der Unternehmerseite. Das Verlangen nach mehr Work-Life-Balance wird weiter zunehmen und geht u. a. mit der Zunahme des Leistungsdrucks auf Arbeitnehmer einher. Denn dieser Leistungsdruck wirkt sich häufig auch auf das Privatleben negativ aus:

Durch die Zunahme des Zeit- und Leistungsdrucks bleibt weniger Zeit für das Privatleben und die physische sowie die psychische Belastung steigen, was in der Regel auch Auswirkungen auf die Lebensqualität und Gesundheit hat.

Unternehmen sind gefordert!

Vor allem für Personen mit Familie und einem anspruchsvollen und zeitintensiven Beruf ist Work-Life-Balance meist nur ein Wunschtraum. Denn was häufig gerne übersehen wird:

Durch persönliche Maßnahmen des Arbeitnehmers (z. B. Optimierung des Zeitmanagements, adäquater Ausgleich zur Arbeit) ist zwar auch eine Verbesserung der Work-Life-Balance möglich. Aber eine zufriedenstellende Vereinbarung von Beruf und Privatleben ist meist nur dann umsetzbar, wenn das Unternehmen entsprechende Möglichkeiten bietet.

Eines möchte ich an dieser Stelle festhalten: Mehr Work-Life-Balance muss nicht gleichbedeutend mit mehr Freizeit sein, sondern es geht dabei primär um eine Steigerung der Flexibilität für die Arbeitnehmer unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse.

Maßnahmen im Unternehmen

Es gibt zahlreiche Maßnahmen, die fruchtbaren Boden für die Work-Life-Balance der Mitarbeiter bilden. Natürlich ist deren Umsetzung nicht in jedem Unternehmen (einfach) möglich. Dennoch werden sie in den wenigsten Firmen umgesetzt, in denen sie möglich wären.

Grundsätzlich kommen auf der Unternehmerseite drei Aspekte zum Tragen, die Einfluss auf die Work-Life-Balance der Mitarbeiter haben:

  1. Führungskompetenz
  2. Mitarbeiterschulung
  3. entsprechende Rahmenbedingungen

Zu 1, Führungskompetenz:

Die Notwendigkeit der Work-Life-Balance für die Belegschaft muss auch in den Köpfen der Führungsebene ankommen. Wenn ein Vorgesetzter seine Mitarbeiter permanent unter Zeit- und Leistungsdruck setzt, ihnen keine Anerkennung zukommen lässt und „Mitarbeiter verheizt“, bringen alle internen Programme zur Förderung der Work-Life-Balance nichts.

Zu 2, Mitarbeiterschulung:

Eine Steigerung der organisatorischen Kompetenzen (z. B. Zeitmanagement, Projektmanagement) durch gezielte Schulung der Mitarbeiter fördert auch deren Work-Life-Balance, da sie dadurch mit Leistungsanforderungen besser zurechtkommen, was wiederum einer Überforderung vorbeugt.

Zu 3, Rahmenbedingungen:

Dazu zählen insbesondere Modelle, die eine hohe Zeitautonomie der Mitarbeiter erlauben (flexible Arbeitszeiten, Teilzeitmodelle, Sabbaticals, von zu Hause aus arbeiten – Homeoffice, …).

Weitere Möglichkeiten:

  • Mitarbeiter können Urlaube und Arbeitszeiten auf Schul-/Ferienzeiten abstimmen
  • der Wiedereinstieg nach Karenzzeiten wird gefördert
  • Kinderbetreuungsangebote
  • Angebote zur Stressbewältigung (Zeitmanagementkurse, autogenes Training etc.)
  • Sportprogramme (z. B. Zugang zu einem Fitnessstudio)
  • medizinische Betreuung/Vorsorgemaßnahmen

Aber auch die interne Organisation fällt unter den Punkt „Rahmenbedingungen“. Denn eine mangelnde interne Organisation und ineffiziente Arbeitsabläufe haben einen wesentlichen Einfluss auf das Arbeiten bzw. die Produktivität der Mitarbeiter.

Als Beispiel sei hier ein unorganisiertes Ablagesystem genannt. Daraus resultieren „Suchzeiten“ – täglich und für jeden Mitarbeiter! Suchzeit ist Arbeitszeit, in welcher der Mitarbeiter nicht produktiv sein kann und die ihn belastet.

Was bringt es dem Unternehmen?

Fakt ist: Fördert ein Unternehmen die Work-Life-Balance seiner Mitarbeiter, kommt das auch der Firma selbst zugute:

Auch jeder Mitarbeiter kann seinen Beitrag leisten

Sind die Rahmenbedingungen im Unternehmen gegeben, kann und soll jeder Mitarbeiter auch noch selbst zu einer gelungenen Work-Life-Balance beitragen. So gilt es beispielsweise, einen Ausgleich zur Arbeit zu finden und diesen regelmäßig zu nutzen.

Der optimale Ausgleich stellt in der Regel ein Gegenprogramm zur täglichen Tätigkeit im Beruf dar. Wer etwa hauptsächlich im Büro vor dem Computer sitzt, für den ist das Gegenprogramm zur sitzenden Tätigkeit regelmäßige Bewegung und Sport – was ohnehin immer empfehlenswert ist. Wer im Arbeitsalltag mit vielen Menschen zu tun hat, findet Ausgleich an ruhigen Orten.

Fazit

Der Wunsch nach mehr Work-Life-Balance ist schön und gut. Wirklich gelingen kann sie aber nur, wenn beide Seiten – Mitarbeiter und Unternehmen – ihren Beitrag dazu leisten.

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Kommentare

  • markus

    Ich denke, dass das Konzept Work-Life-Balance ein Irrtum ist.

    Warum? Weil es eine Vorannahme in sich trägt: Nämlich dass ich eine Balance halten muss, zwischen Gutem und Bösem. Ausgleich muss nur geschaffen werden, wo es zuviel von einer Sache und zuwenig von der anderen gibt. Wenn ich davon ausgehe, dass ich eine Balance brauche zwischen “Gut” (Life) und “Böse” (Work), kann irgendetwas mit meinem “Work” nicht stimmen.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Danke für Ihren Kommentar!

      Ich sehe das etwas anders. Denn es geht bei der Work-Life-Balance nicht um die Kategorisierung in Gut und Böse, sondern wie ich bereits im Beitrag oben erwähnt habe:

      Ziel der Work-Life-Balance ist die (bessere) Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Privatleben und dabei geht es primär um eine Steigerung der Flexibilität für die Arbeitnehmer unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse.

      Denn eine Balance kann auch erforderlich sein, wenn eine Person einer Arbeit nachgeht, die sie voll erfüllt und ihr Freude bereitet und genau deshalb dazu führt, dass die Familie zu kurz kommt, die dieser Person allerdings auch sehr wichtig ist.

      Und noch etwas zu Ihrem Punkt „… kann irgendetwas mit meinem “Work” nicht stimmen“:

      Leider kann sich nicht jeder seinen Job aussuchen (abhängig von Arbeitsmarktsituation, Qualifikation, privates Umfeld etc.) bzw. geht nicht jeder einer Tätigkeit nach, die ihn erfüllt. Wenn (nicht nur) in solchen Fällen das Unternehmen entsprechende Rahmenbedingungen für mehr Flexibilität der Arbeitnehmer bietet, kann das erheblich zu einer Steigerung ihrer Lebensqualität beitragen, was wiederum dem Unternehmen selbst zugutekommen kann.

      Kurzum: Ich sehe durchaus die Notwendigkeit einer Forcierung der Work-Life-Balance, insbesondere in unserer heutigen hektischen Leistungsgesellschaft.

  • Andreas

    Hallo,

    mir gefällt der Artikel. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es manchmal ganz schön schwierig sein kann, die richtige Balance im Leben zu finden (was ja nicht nur für die Work Life Balance gilt, sondern für alle Arten von “Balance”). Ein erster und oft auch offensichtlicher Schritt ist eben dieser.

    Eine andere Frage, die aus meiner Sicht zu selten gestellt wird: Was mache ich als Mitarbeiter mit meiner Freizeit, was gibt mir und meiner Familie/Ehe usw. einen Mehrwert?

  • markus

    Ich bin natürlich der Meinung, dass es eine Balance braucht, wenn der Job nicht erfüllt. Aber wäre es nicht auch eine Option, sich um eine Veränderung zu bemühen? Ich glaube, dass Work-Life-Balance sein Ziel verfehlt, wenn der Mensch auf Dauer keine Veränderung im Sinn hat. Ich denke, die besten Work-Life-Balance-Strategien helfen wenig, wenn die Perspektive ist und bleibt, bis zum Ruhestand in einem nicht erfüllenden Job zu bleiben. Die Zeit, die wir beruflich aufwenden, ist erheblich. Warum also an Balance arbeiten, wenn man stattdessen an Veränderung arbeiten könnte?

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Wenn man einem Job nachgeht, der einen nicht erfüllt oder sogar belastet, sollte man immer eine Veränderung anvisieren – da gebe ich Ihnen vollkommen recht!

      Aber wie schon in meiner obigen Antwort geschrieben, zielt die Work-Life-Balance auch darauf ab, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Privatleben zu erreichen. Deshalb sehe ich die Notwendigkeit einer Balance nicht nur dann, wenn der Job nicht erfüllt. Eine Work-Life-Balance kann auch dann erforderlich sein, wenn ich einen Job habe, der mich voll erfüllt, in dem ich aufgehe und vielleicht genau deshalb andere Bereiche (Familie, Ausgleich, Körper/Gesundheit) vernachlässige.

      Aber um auf das Thema des Beitrags zurückzukommen: Unabhängig davon, wie die einzelnen Mitarbeiter ihre Tätigkeit wahrnehmen (erfüllend/nicht erfüllend/belastend …), sollte jedes Unternehmen die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, die eine höhere individuelle Flexibilität sowie Zeitsouveränität und damit (bessere) Vereinbarkeit von “Work und Life” ermöglichen.

  • Knut

    Gerade wenn ein Job “einen erfüllt”, muss man meiner Meinung nach auf eine Balance achten. Jedoch ist der Begriff “Work-Life Balance” dann irreführend. Denn in dem Fall ist Arbeit integraler Teil des Lebens – und nicht nur Mittel zum Zweck.

    Doch wenn die Arbeit Spaß macht, passiert es schnell, dass die Erholung zu kurz kommt. Deshalb ist es meiner Meinung nach wichtig, sich eine Balance zwischen Anstrengung und Erholung bewusst zu machen.

  • Birgit

    Danke für den informativen Beitrag. Wenn man davon ausgeht, dass der Begriff “Work-Life-Balance” eine feste Bedeutung hat, finde ich diese sehr gut erläutert und den Sinn gut begründet.

    Ich persönlich stolpere aber immer wieder über diese Bezeichnung, denn sie heißt übersetzt Arbeit-Leben-Balance und impliziert, dass ich entweder arbeite oder lebe.

    Da bei vielen Menschen die Arbeitszeit einen sehr hohen Anteil der Gesamtlebenszeit ausmacht, ist das eine irreführende Bezeichnung, denn ich lebe auch während ich arbeite. Ich denke – und schließe mich damit meinem Vorredner Knut an –, dass es für uns Menschen wichtig ist, eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Dafür sind wir zum großen Teil selbst verantwortlich, z. B. indem wir grundsätzlich auch Dinge tun, die für uns entspannend sind.

    Aber es ist wichtig, dass auch der Arbeitgeber seiner Verantwortung gerecht wird und den Arbeitnehmer dabei unterstützt, in dieser Balance bleiben zu können. Zum Beispiel mit den in Ihrem Beitrag genannten Maßnahmen. Und es gehört auch dazu, dass Phasen der intensiven Anstrengung, wenn z. B. ein Projekt unter starkem Termindruck abgeschlossen werden muss, klar kommuniziert werden sollten und danach eine Phase der etwas lockereren Tätigkeit folgt.

    Was wir als anspannend und entspannend empfinden, ist individuell sehr verschieden. Ich denke, eine der großen Herausforderungen liegt darin, seine persönlichen Ressourcenquellen zu kennen und sie oft genug zu nutzen.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Vielen Dank, Birgit!

      Meiner Meinung nach sollte man den Begriff “Work-Life-Balance” nicht allzu wörtlich nehmen. Er ist mehr ein Modewort und wird eben auch von den Medien teils inflationär gebraucht. Ich habe den Begriff ja auch (durch die Interviewanfrage) aufgegriffen. :-)

      Wie Sie richtig schreiben, geht es primär um eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung – ob das nun Stressmanagement, Work-Life-Balance, persönliches Energiemanagement oder wie auch immer genannt wird. Und im Arbeitsumfeld kann eben auch das Unternehmen mit entsprechenden Rahmenbedingungen dazu beitragen, Mitarbeiter zu entlasten bzw. die Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu fördern.

      “Ich denke, eine der großen Herausforderungen liegt darin, seine persönlichen Ressourcenquellen zu kennen und sie oft genug zu nutzen …” – gefällt mir und ich stimme Ihnen da voll zu.