Wie Sie souverän und überzeugend argumentieren – 10 Tipps
Sie wollen mit einer Rede, in Gesprächen, in einer Diskussionsrunde oder allgemein beim Kommunizieren Ihr Gegenüber überzeugen? Dann sollten Sie gut argumentieren! Und ja, argumentieren lässt sich lernen.
In diesem Gastbeitrag gibt der Argumentations-Trainer Wladislaw Jachtchenko (Leiter der Argumentorik-Akademie) 10 bewährte Praxis-Tipps, mit denen Sie im (Arbeits-)Alltag besser überzeugen.
Überzeugen? So eher nicht! Besser mit den richtigen Argumenten …
Ein Gastbeitrag von Wladislaw Jachtchenko:
Kein Zweifel: Argumentieren muss jeder. Täglich. Doch wo haben wir das richtige Argumentieren eigentlich gelernt? In der Schule? In der Ausbildung? Im Studium? Die Antwort ist: Die meisten von uns haben es nie von der Pike auf gelernt, sondern argumentieren eher nach Gefühl.
10 Tipps für bessere Argumente und mehr Überzeugungskraft
Unter Berücksichtigung der folgenden 10 Tipps & Tricks wird es Ihnen gelingen, mit Ihren Argumenten zu überzeugen.
Argumentations-Tipp 1: Machen Sie das Thema relevant
Jede/r gute RednerIn weiß, dass man – bevor man für oder gegen etwas argumentieren kann – dem anderen zeigen muss, dass und warum das Thema für den anderen überhaupt von Bedeutung ist oder sein sollte.
Einfaches Beispiel zur Veranschaulichung:
Der beste Autoverkäufer der Welt wird Sie wohl nicht von einem neuen Auto überzeugen können, wenn Sie vor 3 Monaten bereits ein neues gekauft haben.
Das Thema, von dem Sie den anderen überzeugen wollen, muss für ihn eine aktuelle Bedeutung haben.
Das Argumentieren setzt also immer eine gewisse Kenntnis Ihres Zuhörers voraus. Wenn Sie nicht wissen, was sie oder er will oder braucht, dann müssen Sie das in einem Vorgespräch – am besten mit offenen Fragen – herausfinden.
Zu argumentieren, bevor Sie wissen, was für den anderen gerade zählt, ist wie blind schießen.
Nachdem Sie einige Informationen über den Zuhörer gesammelt haben, geht es darum, ihm zu erklären, warum dieses Thema für ihn relevant sein sollte. Am einfachsten ist es hier, einen konkreten Nutzen des Themas gleich am Anfang des Überzeugungsprozesses mitzuteilen.
Argumentations-Tipp 2: Die These muss klar und deutlich sein
Jede/r gute RednerIn weiß, dass der Zuhörer gleich von Anfang an verstehen muss, worum es im Gespräch geht. Klingt einfach, geht aber im Alltag ziemlich häufig schief.
Stellen Sie sich vor, jemand möchte Sie vom Multi-Channel-Marketing überzeugen. Er selbst weiß natürlich genau, um was es dabei geht. Aber Sie hören den Begriff zum ersten Mal. Und verstehen erst einmal nur Bahnhof.
Und der andere redet und redet und redet. Und zählt Vorteile auf. Und weitere Vorteile. Aber Sie wissen überhaupt nicht, worum es eigentlich geht.
Nun, sagen Sie als RednerIn, man kann doch einfach mal nachfragen. Das ist auch richtig. Nur trauen sich leider viele Menschen nicht, nachzufragen, weil sie sich dann dumm vorkommen. Viele lassen die Verkaufsrede kurz über sich ergehen – und legen für alle Zeiten den Hörer auf oder schmeißen gleich Ihre Visitenkarte in den Müll.
Wenn Sie also für etwas argumentieren, dann stellen Sie bitte sicher, dass der Ausgangspunkt Ihrer Argumentation, also Ihre These, glasklar und verständlich ist. Definieren Sie gleich am Anfang genau, worum es Ihnen geht.
Argumentations-Tipp 3: Begründen Sie die These mit Fakten
Jede/r gute RednerIn weiß, dass Fakten auf den Zuhörer eine magische Wirkung haben. Einfach nur zu sagen, dass beispielsweise das Unternehmen durch eine bestimmte Methode so und so viele Euros sparen wird, ist erst einmal nur eine erweiterte Behauptung. Erst die Fakten sind der Beweis. Also wenn es eine unabhängige wissenschaftliche Studie dazu gibt, dass ein Unternehmen durch eine bestimmte Methode so und so viele Euros sparen kann, dann erhöht das Ihre Überzeugungskraft immens.
Und selbst wenn Sie keine Studie haben, können Sie Vergleiche ziehen: Haben andere Unternehmen diese Methode angewendet? Andere Filialen? Wie sehen die Zahlen dort aus? Also Zahlen/Daten/Fakten sollten Sie immer beifügen.
Die Realität sieht leider so aus, dass viele sich nicht ausreichend vorbereiten und nur mit der Behauptung kommen: „Das wird uns viel bringen!“ – ohne die Behauptung mit Zahlen zu stützen.
Daher: mehr Zeit in die Vor- und Aufbereitung von Fakten und Vergleichen stecken.
Argumentations-Tipp 4: Je tiefer die Begründung, desto besser
Jede/r gute RednerIn weiß, dass man keine 2-3 Sätze der Begründung braucht, sondern 5-10 Sätze, und manchmal sogar mehr.
Stellen Sie sich vor, ein Kanzlerkandidat würde sagen, man sollte ihn wählen, weil er sich in wirtschaftlichen Fragen gut auskennt und weil er viel Erfahrung in der freien Wirtschaft gesammelt hat.
Das sind zwar zwei Begründungen, die aber überhaupt nicht ausgeführt sind und gar nicht in die Tiefe gehen. Was heißt, er kennt sich gut aus in wirtschaftlichen Fragen? In welchen Fragen genau? Woher kennt er sich aus? Und was heißt viel Erfahrung? War er selber Manager? Oder woher kommen seine tiefen wirtschaftlichen Kenntnisse?
Häufig sind wir selber kritisch, wenn andere nicht hinreichend begründen, und sagen dann: „Hat mich nicht überzeugt!“ Doch selber ausführlich und tief zu begründen, ist nicht etwas, worauf viele Menschen großen Wert legen. Zu Unrecht.
Denn nur wenn Sie ausführlich begründen, haben Sie eine Chance, dass sich Ihre Ansicht durchsetzt. Sonst wird Ihr Argument als oberflächlich gekennzeichnet und entfaltet keine Wirkung.
Argumentations-Tipp 5: Nur umstrittene Punkte ausführlicher begründen
Jede/r gute RednerIn weiß, dass man nur umstrittene Punkte ausführlicher begründen muss.
Einfaches Beispiel: Dass Paris die Hauptstadt von Frankreich ist, darauf müssen Sie keine Begründungsarbeit verschwenden – das ist allen klar. Aber viele Dinge sind umstritten, zum Beispiel alle Prognosefragen – also was in Zukunft wohl passieren wird.
Manche Fragen sind ein bisschen umstritten. Manche Fragen sind sehr umstritten. Welche Fragen das sind, ist natürlich von dem Thema, der Branche sowie von der Firma abhängig.
Was als Grundregel der Argumentation aber immer gilt:
Je umstrittener eine Sache, desto mehr Begründungsaufwand müssen Sie erbringen, damit Sie überhaupt eine Chance haben, andere von Ihrem Punkt zu überzeugen.
Argumentations-Tipp 6: Wichtigste Begründung zuerst
Jede/r gute RednerIn weiß, dass die Aufmerksamkeitskurve mit der Zeit immer weiter nach unten geht. Egal wie gut Sie als vortragende Person sind. Je länger Sie reden, desto mehr schaltet das Publikum ab. Auch bei Obama hören nach 45 Minuten nicht mehr alle aufmerksam zu. Erst recht gilt das für nicht so talentierte Redner.
Daraus ergibt sich, dass Sie den wichtigsten Punkt an den Anfang stellen müssen, wo die Aufmerksamkeit noch bei 100 % ist.
Argumentations-Tipp 7: Strukturieren Sie die Begründungspunkte
Jede/r gute RednerIn weiß, dass man – um klarer zu sein – auch eine klare Struktur seiner Unterpunkte braucht. Und im Alltag sieht man es leider viel zu oft: Den meisten Rednern fehlt eine klare Struktur.
Daher immer eine klare Struktur im Kopf haben und auch nicht überstrukturieren. Es geht nicht darum, dass Sie 17 Begründungspunkte haben. Meistens kann sich keiner an mehr als 3 Punkte erinnern. Deswegen hat sich als Richtschnur bewährt: nie mehr als 3 Punkte.
Und diese 3 Punkte sollten Sie auch am Anfang der Rede ankündigen, damit Ihr Publikum von Anfang an weiß, wohin die Reise geht.
Argumentations-Tipp 8: Führen Sie ein anschauliches Beispiel an
Jede/r gute RednerIn weiß, dass Beispiele eine Rede lebendig machen und leichter zugänglich sind als eine abstrakte Argumentation. Doch gute Beispiele muss man erst einmal finden.
Viele machen sich nicht die Mühe – und haben kein einziges Beispiel. Damit verlieren diese Redner aber die Chance, beim Publikum mit einem plastischen Beispiel in Erinnerung zu bleiben.
Schon Aristoteles hat dafür plädiert, Beispiele in seine Rede zu integrieren – und aus Erfahrung weiß ich, dass Menschen sich an gute Beispiele noch 10 Jahre danach erinnern können. Und das ist keine Übertreibung.
Der Beweis? Auch Sie haben sicher 1-2 gute Beispiele aus anderen Reden im Kopf, die Sie schon vor vielen Jahren gehört haben – die aber trotzdem hängengeblieben sind.
Argumentations-Tipp 9: Entkräften Sie die Einwände im Voraus
Jede/r gute RednerIn weiß, dass es zu jedem Argument Gegenargumente gibt. Zu jeder These lässt sich also mindestens ein richtig gutes Gegenargument finden. Und meist steht dieses Gegenargument entweder unausgesprochen im Raum – oder ein kritischer Zuhörer bringt es in einer Zwischenfrage an.
Was tun? Ganz einfach: Einwände im Voraus entkräften. Ein antikes Wort dafür ist Prolepsis. Ein modernes Wort: Einwandvorbehandlung.
Wenn Sie mit Gegenargumenten gut umgehen können, wirken Sie glaubwürdiger, weil Sie auch die andere Seite der Medaille sehen – und nicht nur verbohrt auf Ihre Position schauen.
Argumentations-Tipp 10: Bedenken Sie die Ausnahmen
Jede/r gute RednerIn weiß, dass Aussagen weder IMMER noch NIE stimmen, sondern dass es immer Ausnahmen zu einem Argument gibt. Selbst der Grundsatz „Du sollst nicht töten“ gilt nicht absolut. Denn Notwehr ist eine akzeptierte Ausnahme, bei der die Tötung eines anderen gerechtfertigt sein kann.
Und das gilt natürlich auch für Themen des Alltags. Auch hier gibt es immer Ausnahmen, auf welche die eigene These nicht komplett zutrifft.
Wenn Sie diese Ausnahmen berücksichtigen und auch in der Rede erwähnen, wirken Sie viel überlegter als jemand, der ausnahmslos und borniert an seiner These festhält.
Die Argumentations-Checkliste
Bei Ihnen steht eine Diskussion, ein Streitgespräch, eine Verhandlung, ein heikles Gespräch oder eine Rede an, und Sie wollen andere überzeugen? Wenn Sie die genannten 10 Tipps berücksichtigen, haben Sie gute Karten in der Hand.
Abschließend habe ich die 10 Tipps von Wladislaw Jachtchenko nochmals in kompakter Form als Checkliste zusammengefasst, die Sie auch als Spickzettel verwenden können. Drucken Sie am besten diesen Spickzettel aus und nutzen Sie ihn zur Vorbereitung:
Download Argumentations-Checkliste »
Über den Autor
Wladislaw Jachtchenko ist Argumentations-Trainer & Speaker und leitet die Argumentorik-Akademie in München. Er ist Experte rund um die Themen professionelle Rhetorik und überzeugende Argumentation.
Wladislaw Jachtchenko: „Wer mehr über Argumentation & Rhetorik wissen möchte, dem sei mein Online-Kurs ‚Selbstbewusst kommunizieren und überzeugen‘ mit bereits über 3000 eingeschriebenen Teilnehmern empfohlen.“
» Zum Onlinekurs „Selbstbewusst kommunizieren und überzeugen“
Hier klicken für weiterführende spannende Impulse & Tipps auf Zeitblüten:
wenn ich mir die aktuellen politischen diskussionsrunden im fernsehen so ansehe, dann sollten die meisten politiker bzw. teilnehmer bei diesen diskussionen auch mal richtig argumentieren lernen und vor allem sachlich. denn wenn ihnen die argumente ausgehen oder sie keine schlüssigen oder gar keine fakten zu ihren aussagen haben, dann werden sie untergriffig. manchmal nicht zum anhören, und das von personen, die in der öffentlichkeit stehen!
die tipps hier sind gut und auch die checkliste ist praktisch, werde ich auch intern bei uns weitergeben. danke
Eine halbwegs akzeptable Rechtschreibung sowie Grammatik hinterlässt ebenso einen diskussionsbezogen guten Eindruck und verstärkt die eigenen Argumente, gerade wenn man andere Personen diesbezüglich kritisiert. :)
und das von jemandem, der/die es offensichtlich selbst nicht so mit der grammatik hat und das mit zwei fehlern in einem einzigen satz auch noch zur schau stellt! ;-)
Also soweit ich nach Erfahrung und Wissen weiß, sollte man immer mit dem schwächsten Argument anfangen und mit dem stärksten aufhören. So kann man bei einem Gegenargument gut kontern.