Willenskraft steigern & trainieren: Übungen, Tipps und Tricks

Mehr Sport machen, abnehmen, mit dem Rauchen aufhören, weniger am Smartphone hängen – alles Herausforderungen, die Willenskraft erfordern.

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Durch Training wächst der „Willenskraft-Muskel“


Willenskraft ist notwendig, um

  • an gesetzten Zielen dranzubleiben und sie schließlich zu erreichen,
  • Verlockungen, reizvollen Impulsen und Ablenkungen zu widerstehen,
  • unvorteilhafte Gewohnheiten und die Bequemlichkeit zu überwinden.

All dies mag letztlich dazu beitragen, dass willensstarke Menschen gemäß einer Studie (von June Tangney Roy Baumeister und Angie Boone)

  • bessere Beziehungen führen,
  • mehr Leistung erbringen,
  • mehr Selbstvertrauen aufweisen,
  • resistenter gegen Stress und
  • weniger anfällig für psychische Störungen sind.


Willensstärke lässt sich trainieren!

Auch wenn bestimmte Persönlichkeitsmerkmale durchaus angeboren sind, kann laut diverser Untersuchungen aus der Volitionsforschung die Willenskraft durch regelmäßiges Trainieren merklich gesteigert werden.

Sie ist vergleichbar mit der Muskelkraft, die durch Training zunimmt. Wird der Muskel nicht (mehr) beansprucht, erschlafft er, die Muskelkraft nimmt ab.

Zwei effektive Übungen für mehr Willenskraft

Um (freiwillig) die eigene Komfortzone zu verlassen, ist IMMER Willenskraft notwendig.

Und genau darauf beruht auch das Training. Es geht also darum, sich regelmäßig Herausforderungen zu stellen und dabei die eigene Bequemlichkeit und Komfortzone zu verlassen.

Übung 1: Sich täglich Willenskraft-Herausforderungen stellen

Notieren Sie jetzt gleich eine kleine, herausfordernde Tätigkeit, deren Durchführung Sie Willenskraft kostet.

Wenn Ihnen auf die Schnelle nichts einfällt, hier einige Reflexionsfragen:

  • Auf welche Bequemlichkeit verzichte ich nur ungern, obwohl es mir guttäte?
  • Für welche Tätigkeiten/Aufgaben muss ich mich immer aufraffen?
  • Welche unvorteilhaften Gewohnheiten möchte ich ablegen?
  • Wovon lasse ich mich leicht ablenken?

Wenn Sie nun einige Herausforderungen notiert haben, geht’s an die Umsetzung. Trainingsbeginn![/su_panel]

Drei Trainings-Beispiele

Um die unterschiedlichen Trainingsmöglichkeiten aufzuzeigen, hier drei konkrete Beispiele:

Beispiel 1:

Wenn Sie sich abends täglich bis mindestens 23 Uhr von dem Fernseher berieseln lassen, schalten Sie für das Willenskraft-Training den Fernseher bereits um 22:45 Uhr aus. Stellen Sie am besten einen Erinnerungsalarm (z. B. am Smartphone).

Persönliche Übungsvorgabe: „Ich schalte ab heute den Fernseher spätestens um 22:45 Uhr aus.“

Beispiel 2:

Tendieren Sie dazu, in kurzen Intervallen das Smartphone in die Hand zu nehmen und sich darin zu verlieren: Vereinbaren Sie mit sich selbst einen festen Zeitraum, in dem Sie nicht zum Handy greifen (außer Sie werden angerufen) – z. B. täglich in der Zeit von 19 Uhr bis 20 Uhr.

Persönliche Übungsvorgabe: „In der Zeit von 19 Uhr bis 20 Uhr nehme ich mein Smartphone nicht in die Hand.“

Beispiel 3:

Auch täglich kalt duschen kann eine Herausforderung sein, um Willensstärke zu entwickeln:

» Interview: Wie 30 Tage kalt duschen Ihr Leben verändern kann

Persönliche Übungsvorgabe: „Ich dusche immer mindestens 1 Minute kalt.“

Übung 2: Gewohntes auf ungewohnte Weise verrichten

Gewohntes ist in der Regel mit Bequemlichkeit verbunden, und bequem bedeutet auch, dass wir in unserer Komfortzone agieren und damit kaum Willenskraft aufbringen müssen.

Wenn Sie den Ablauf einer Tätigkeit so verändern, dass Sie diese auf ungewohnte Weise verrichten, kann dies auch dazu beitragen, Ihre Willenskraft sukzessive zu entwickeln.

Beispiel:

Sind Sie RechtshänderIn, nutzen Sie für eine gewohnte Tätigkeit zukünftig die linke Hand: z. B. beim Zähneputzen, Essen oder für das Schreiben einer kurzen Notiz.[/su_panel]

Steigerungen und Regelmäßigkeit führen zu mehr Willenskraft

Trainieren Sie mindestens einen Monat regelmäßig. Steigern Sie die Herausforderungen: Entweder Sie variieren die Zeiten bzw. Dauer in der vorgenannten Übung 1 oder Sie wählen regelmäßig eine neue Tätigkeit, die eine Portion mehr Willensstärke erfordert.

Denn wie beim Muskelkraft-Training erreichen Sie erst durch eine regelmäßige Steigerung der Herausforderung/Schwierigkeit einen Kraftzuwachs. Nicht anders ist es mit der Willenskraft.

Auch wenn Sie mal an einem Tag nicht trainieren, ist das kein Grund für Selbstvorwürfe. Es geht um das regelmäßige Üben. Die zunehmenden Erfolge werden Sie zu größeren Herausforderungen motivieren und Ihr „Willenskraft-Muskel“ wird wachsen und wachsen.


Buch-Tipp für mehr Willenskraft

Alles, was Sie dazu wissen müssen, erfahren Sie hier:


Mehr Willenskraft: 6 Tipps

Sie wollen die Willenskraft trainieren, aber der innere Schweinehund meldet sich und will Sie davon abhalten? Das ist völlig normal!

Denn der Schweinehund und die Willenskraft sind keine Freunde. Zwischen ihnen kommt es häufig zu Auseinandersetzungen. Bei Menschen mit großer Willensstärke zieht der innere Schweinehund dabei meist den Kürzeren.

Mit den folgenden Tipps wird es Ihnen gelingen, den Schweinehund immer öfter zu überlisten, bis er kleinlaut beigibt und der Willenskraft den Platz überlässt.

Probieren Sie die folgenden Tipps und Tricks aus und entscheiden Sie sich für jene, die Ihnen das Trainieren erleichtern.

1. Wenn-dann-Bedingungen aufstellen

Der Psychologe Prof. Peter Gollwitzer empfiehlt Wenn-dann-Sätze. Überlegen Sie sich Situationen oder Tätigkeiten, die Ihnen einiges an Willenskraft abverlangen (s. o. Übung 1). Formulieren Sie dann entsprechende Wenn-dann-Sätze, die Ihnen bei der Umsetzung hilfreich sein können.

Beispiel:

WENN ich in meiner Handy-aus-Zeit trotzdem das Handy in die Hand nehme, DANN verlängere ich die Aus-Zeit am nächsten Tag um 5 Minuten.

2. Visualisieren Sie

Stellen Sie sich in Gedanken vor, was Sie in Zukunft mit mehr Willenskraft alles erreicht haben werden.

» Tipps und eine Anleitung zum Thema Visualisieren

Sie können diese positiven Gedanken auch zu Papier bringen und dadurch deren positiven Effekt verstärken.

3. Sich selbst provozieren

Wenn Ihnen das nächste Mal die Willenskraft für ein Vorhaben fehlt, nennen Sie gleich mindestens 3 Gründe, warum Sie das JETZT nicht tun, es ausfallen lassen etc.

Allein dieser Bewusstmachungsprozess kann Ansporn sein, es sich selbst zu beweisen, die Sache also anzupacken und die notwendige Willenskraft aufzubringen.

4. Auf den kleinsten Teilschritt herunterbrechen

Schieben Sie ein (unangenehmes) Vorhaben schon lange vor sich her? Es fehlt Ihnen an Willenskraft, dieses endlich anzupacken? Dann kann es hilfreich sein, diese Tätigkeit auf den kleinsten Teilschritt herunterzubrechen, sodass sie ihre abschreckende Wirkung verliert.

Für die Umsetzung eines kleinen Teilschrittes ist eine geringere Portion Willensstärke erforderlich. Und dann ist der erste Schritt getan, der oft so schwierig ist.

Es ist wie mit dem Anschieben eines Autos. Der größte Kraftaufwand (analog zur Willenskraft) ist nötig, um das Auto aus dem Stillstand in Bewegung zu bringen. Wenn es dann mal rollt, ist nur noch eine geringe Kraft erforderlich.

5. Meditieren

Auch durch regelmäßiges Meditieren können Sie Ihre Willenskraft trainieren und erheblich steigern.

» Hier 15 einfache und wirksame Meditationsübungen

6. Seien Sie gut zu sich

Sollten Sie in Ihrer Trainingsphase mal „schwach“ werden, den reizvollen Impulsen und Versuchungen nachgeben, ist das auch vollkommen ok. Also keine Selbstvorwürfe, sondern seien Sie gnädig und verzeihend zu sich selbst!

Wissenswertes zur Willenskraft

Im Folgenden noch einige wissenswerte Informationen zum Thema:

Definition: Was versteht man überhaupt unter Willenskraft?

In der Psychologie ist im Zusammenhang mit Willenskraft der Begriff Volition gebräuchlich. Darunter versteht man die Umsetzungs- oder Selbststeuerungsfähigkeit.

Also die Fähigkeit, sich selbst so zu „steuern“, um dadurch – auch bei inneren oder äußeren Widerständen – zielgerichtet zu handeln.

Der Unterschied zwischen Motivation und Willenskraft

Und ja, es gibt einen Unterschied. Ein Zitat von Goethe bringt ihn in einem Satz auf den Punkt:


Es ist nicht genug zu wollen,
man muss auch tun.


Etwas ausführlicher:

Motivation ist die Handlungsbereitschaft, also der Wunsch oder der (innere) Antrieb, etwas zu tun oder ein Ziel zu erreichen. Aber allein mit der Bereitschaft ist es nicht getan. Man muss also auch tun. Und hier kommt die Willenskraft, also die Umsetzungsfähigkeit ins Spiel.

Wenn Sie motiviert sind, verspüren Sie Lust und Freude daran, etwas anzupacken, etwas zu tun. Es geht Ihnen dann leichter von der Hand. Meldet sich hingegen der innere Schweinehund, müssen Sie sich aufraffen, wozu Sie keine/kaum Lust haben – es ist also umso mehr Willenskraft gefragt, um das Vorhaben umzusetzen.

Je geringer die Motivation, umso mehr Willenskraft ist notwendig, um das gewünschte Ergebnis oder Ziel zu erreichen.

Der Unterschied zwischen Motivation und Willenskraft wird auch im Rubikon-Modell dargestellt. Hier ein sehenswertes Video über dieses Modell:


Die Willenskraft ist keine Konstante!

Die Willenskraft ist auch von der körperlichen und geistigen Verfassung abhängig und dadurch Schwankungen unterworfen – auch im Tagesverlauf.

Denn wann kommen Sie eher ins Tun, wann sind Sie eher bereit, zu handeln?

  • Wenn Sie ausgeruht und gesund sind oder
  • wenn Sie müde, gereizt, überfordert sind? Eben.

Sie können sich die Willenskraft wie den Kraftstoff in einem Tank vorstellen. Ist Ihr Willenskraft-Tank (fast) leer, fällt es umso schwerer, ins Tun zu kommen und/oder reizvollen Ablenkungen zu widerstehen.

Woran lassen sich willensstarke Menschen erkennen?

Abschließend noch eine Auflistung von Merkmalen, die auf Willensstärke schließen lassen.

Werfen Sie mal einen Blick auf Ihren Bekanntenkreis, auf Ihr Arbeitsumfeld. Auf welche Personen treffen die folgenden Merkmale zu? Vielleicht auch auf Sie selbst?

Willenskraft lässt sich an Menschen ausmachen, die

  • fokussiert sind, sich nicht so schnell verzetteln,
  • beharrlich ihren Weg gehen,
  • ausdauernd an ihren Zielen, an ihren Vorhaben arbeiten,
  • Worten auch Taten folgen lassen,
  • sich von Rückschlägen nicht so leicht aus der Fassung bringen bzw. unterkriegen lassen,
  • es trotz weniger Talent oft weiterbringen als Personen mit mehr Talent im entsprechenden Bereich,
  • von anderen als „MacherIn“ wahrgenommen werden,
  • viel erreichen von dem, was sie sich vornehmen.

Weiterführende externe Informationen zum Thema:

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Kommentare

  • Kirsch

    Denn der Schweinehund und die Willenskraft sind keine Freunde :-)) Bei diesem Satz musste ich schmunzeln. Ja, das ist bei mir auch so.

  • Halim

    Sehr inspirierend! Vielen Dank.

    Eine kleine Bereicherung dazu:

    Mathematisch gesehen:

    Der Sprung von 1 auf 2 ist eine 100 % ige Erhöhung. Aber von 0 auf 1 ist eine Erhöhung um unendlich % ! Diese unendliche Erhöhung kann durch die Willenskraft entstanden werden.