Ein unvergesslicher Tag

Achtsamkeit bedeutet auch, im Hier und Jetzt zu leben – dazu folgende Geschichte:

Es waren einmal drei Kinder, die sich frühmorgens auf den Weg machten, um Pilze zu sammeln. Sie waren so mit dem Sammeln der kostbaren Waldfrüchte beschäftigt, dass sie unbemerkt immer tiefer in den Wald hineingerieten. Glücklich und zufrieden schauten sie auf ihre gefüllten Körbe.

Als sie sich wieder auf den Heimweg machen wollten, mussten sie zu ihrem Entsetzen feststellen, dass sie sich ausweglos verlaufen hatten.

Das erste Kind überkam die Angst und Sorge: »Was ist, wenn wir die Nacht im kalten Wald verbringen müssen? Wenn wilde Tiere kommen …?«

Das zweite Kind begann zu weinen und meinte: »Hätten wir doch nur nicht den gewohnten sicheren Weg verlassen!«

Das dritte Kind lächelte und sagte: »Was seid ihr so besorgt? Freut euch doch! Schaut in eure Körbe, solch eine Ausbeute an Pilzen haben wir noch nie gesehen. Diesen Tag werden wir sicher nie wieder vergessen!«

Plötzlich hörten die Kinder aus der Ferne das Wiehern von Pferden. So schnell es ihre müden Beine und schwer beladenen Körbe erlaubten, rannten sie in diese Richtung. Gerade noch rechtzeitig gelangten sie an eine Straße, an der soeben eine Pferdekutsche mit drei Männern entlangfuhr.

Die Kinder beobachteten, dass der Kutscher durch ein Fernrohr sah und sehr angstvoll vorausschaute. Hinten am Wagen blickte ein Mann sehr bedrückt zurück. Bequem in der Mitte jedoch saß ein vergnügter alter Mann, der die Kinder freundlich zum Mitfahren einlud.

Die Kinder sprangen erleichtert auf und bedankten sich bei den drei Männern für deren Hilfe. Doch der Vorder- und Hintermann nahmen die zugestiegenen Fahrgäste gar nicht wahr.

Die Kinder fragten deshalb den vergnügten Mann, was die beiden anderen mit ihren großen Fernrohren täten?

Wenn der Fokus stets nach hinten (Vergangenheit) und nach vorn (Zukunft) gerichtet ist …

Der Mann deutete auf den Vordermann und sagte:

»Das ist Herr Zukunft. Er tut nichts anderes, als vorauszuschauen, zu planen, sich zu sorgen und zu ängstigen. Der andere ist Herr Vergangenheit. Er schaut stets nur zurück und oft bedauert oder bereut er etwas.«

Neugierig fragten die Kinder, wer denn er sei?

»Mein Name ist Herr Gegenwart«, antwortete er strahlend. »Ich lebe im Hier und Heute! Ich nehme alles um mich herum wahr. Die Sonne, die herrlichen Landschaften mit ihren Blumen, Bäumen, Tieren und Gebäuden. Ich sehe alle Menschen, nur so habe ich auch euch entdeckt!«

Aufmerksam lauschten die Kinder seinen Worten, als er weitersprach:

»Auch ich schaue immer wieder sorgsam voraus, um meinen Weg zu erkennen. Ebenso werfe ich auch immer wieder einen Blick auf meine Vergangenheit, um aus meinen Erfahrungen zu lernen. Doch mein wirkliches Leben findet nur in der Gegenwart statt, denn das Morgen ist noch nicht geboren und das Gestern ist bereits geschehen

Inzwischen hatte die Kutsche den Wald verlassen und die Kinder befanden sich wieder in ihrer vertrauten Umgebung. Sie bedankten sich vielmals bei Herrn Gegenwart, der sie sicher nach Hause gebracht und ihnen neue Erkenntnisse mit auf den Weg gegeben hatte.

An diesem Tag waren die Kinder besonders reich beschenkt worden. Sie hatten nicht nur erlesene Pilze gefunden, sondern auch noch wertvolle Erfahrungen mit auf ihren Lebensweg bekommen.

© Gisela Rieger

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Gisela. Die Geschichte stammt aus ihrem Buch „Geschichten, die dein Herz berühren“.

Ein Buch zum Verschenken – für Menschen, die Ihnen am Herzen liegen:


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