Digitale Abhängigkeit – oder: Zerstört das Smartphone schöne Momente?

Zu diesem Beitrag hat mich folgendes Video inspiriert. Zugegebenermaßen habe ich mich selbst in ein, zwei Situationen wiedererkannt – was mich doch etwas nachdenklich gestimmt hat:


Permanente Erreichbarkeit ist heute kein Problem mehr

Nun, immer mehr Menschen sind ständig online. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn mit der heutigen Kommunikationstechnologie und digitalen Infrastruktur ist das zumindest in den Ballungsräumen kein Problem mehr und die Kosten für den Nutzer liegen meist auch in einem Bereich, der nicht wirklich schmerzt.

Dem Zweck entsprechend ist das Smartphone immer dabei. Und die permanente Onlineverbindung ist ja auch ein Verführer par ex­cel­lence: schnell mal E-Mails checken, eine neue Statusmeldung auf Facebook ist reingekommen, eine SMS, was tut sich auf Twitter, WhatsApp …? Diese Aufzählung ließe sich noch fortsetzen.

Alle diese digitalen Ablenkungen sind kleine Zeitfresser, aber in Summe betrachtet, gehören sie mit zu den größten Zeitdieben und stehlen uns täglich wertvolle Zeit – natürlich abhängig von der individuellen Nutzung der Geräte.

Ob bei der Arbeit oder im privaten Bereich, diese Unterbrechungen reißen uns jedes Mal aus der aktuellen Tätigkeit und Gedankenwelt und können längerfristig sogar zu einer Reduzierung der Aufmerksamkeitsspanne führen.

So ein Smartphone kann bei dem einen oder anderen auch eine Art digitale Abhängigkeit und daraus resultierend ein zwanghaftes Verhalten bewirken. Dieses zeigt sich beispielsweise darin, dass keine zehn Minuten vergehen, bis erneut nach dem Smartphone gegriffen wird, um aktuelle Eingänge zu prüfen.

Kann die Nutzung des Smartphones schöne Momente ruinieren?

Meiner Meinung nach ja, durchaus – insbesondere durch das Video wurde mir das wieder vor Augen geführt!

Es gibt zahlreiche Situationen (wie auch im Video gezeigt), in denen die Nutzung des Smartphones auf das Umfeld störend wirken kann. Um nur eine zu nennen:

Mich stört es beispielsweise bzw. ich empfinde es sogar als Unsitte, wenn in einem Gespräch mein Gesprächspartner sein Smartphone auf dem Tisch neben sich platziert und ständig danach schielt.

Noch schlimmer: Wenn er es während des Gesprächs mehrmals zur Hand nimmt, um Eingänge zu prüfen. Das signalisiert mir, dass er mit seinen Gedanken nicht beim Gespräch ist, und vermittelt mir auch fehlende Wertschätzung – auch wenn es nicht so sein mag. Eine fruchtende Gesprächsatmosphäre wird dadurch im Keim erstickt.

Die andere Seite der Medaille

Aber ich kann mit dem Smartphone auch schöne Momente festhalten und damit in besserer Erinnerung behalten.

Etwa indem ich später (im hohen Alter) auf die Videoaufzeichnung oder die Bilder eines besonders schönen Ereignisses blicke und dadurch die Erinnerung lebendiger wird. Ohne diese Aufzeichnungen würden die Bilder im Kopf schneller verblassen.

Durch die permanente Erreichbarkeit kann ich auch in Notsituationen schnell Hilfe holen. Allein durch diese rechtzeitigen Hilfeanforderungen sind viele Notfälle glimpflich ausgegangen.

Jede Medaille hat eben immer zwei Seiten.

Und meine digitale Abhängigkeit?

Nun, ich bin selbst mehr oder weniger permanent online – bedingt auch durch meine berufliche Tätigkeit –, sei es per Smartphone oder PC.

Muss ich ständig online sein? Nein, sicherlich nicht. Da ich aber auch Kursteilnehmer online betreue, ist eine gewisse Präsenz erforderlich, wobei diese auch nicht über die üblichen Arbeitszeiten hinausgehen müsste. Allerdings ist mir durchaus bewusst, dass ich wesentlich mehr online bin, als es notwendig wäre.

Mehr Fluch oder Segen?

Das kommt auf die Nutzung der permanenten Onlineverbindung an. Für mich ist sie eindeutig mehr Segen als Fluch.

Segen deshalb, weil sie für mich das Leben in vielen Bereichen einfacher gestaltet. Ich schätze es sehr, wenn ich von unterwegs Informationen abrufen und schnell etwas nachschlagen kann, beispielsweise Öffnungszeiten, Wegstrecken, Informationen zu einem Objekt, das ich vor mir sehe.

Ich kann wunderbar Wartezeiten überbrücken und sinnvoll nutzen, indem ich Interessantes und für mich Relevantes online lese.

Als Fluch habe ich die stete Onlineverbindung wahrgenommen, als ich mich dabei ertappt habe, wie ich bei Unternehmungen mit der Familie oder mit Freunden zwischendurch immer wieder – und zwar sehr häufig – meine E-Mails oder andere Eingänge gecheckt habe. Das kommt mittlerweile nicht mehr vor.

Zum Nachdenken …

Regelmäßig offline

Ich nehme mir bewusst regelmäßig Auszeiten von der Online-Welt. Anfangs tat ich mir damit doch eher schwer. Die Möglichkeit und damit die Versuchung, von unterwegs am Smartphone einfach mal neue Eingänge zu prüfen, waren ständig gegeben.

Um der Versuchung leichter zu widerstehen, habe ich in einer Umgewöhnungsphase zuerst daheim das Smartphone außerhalb meiner unmittelbaren Reichweite in einem anderen Raum platziert.

Anfangs sogar oben auf einem Schrank, sodass es umständlicher und nur mit Hilfe eines Stuhls erreichbar war – simpel, hat aber für mich gut funktioniert.

Fazit

Inwiefern diese permanente Erreichbarkeit eine Belastung darstellt und letztlich auch schöne Momente zerstören kann, hängt von der individuellen Nutzung der Medien und Geräte ab.

Es liegt also primär an uns selbst, inwieweit wir das Ganze zulassen.

Für mich ist diese digitale Verfügbarkeit eine Bereicherung, allerdings musste ich einen bewussteren Umgang damit erst lernen.

Der Belastungsgrad hängt aber nicht nur von der Nutzungshäufigkeit ab:

Ein Unternehmer, der (auch in seiner Freizeit) z. B. Kundenbeschwerden oder andere herausfordernde Anfragen entgegennimmt, wird die permanente Erreichbarkeit als belastender wahrnehmen als eine Person, welche diese ausschließlich für die Kontaktpflege und das Nachschlagen von Informationen nutzt.

Auch das soziale Umfeld (z. B. die Familie) des Unternehmers wird dessen Erreichbarkeit in seiner Freizeit als störend empfinden.

» Wir sollten mehr von den Dingen machen, bei denen wir vollkommen vergessen, das Handy zu checken. «

Endlich kann ich abschalten!

Abschließend noch eine zum Thema passende Zeitblüte, eingesendet von Herrn Ernst Wagner:

Endlich abschalten

Zeitblüten sind Momente und Erlebnisse, die sich vom Alltag abheben, unser Leben wunderbar bereichern und uns einfach guttun – persönliche Momente der Entspannung, des Wohlfühlens, des Krafttankens und des „Abschalten-Könnens“.

Ich habe täglich einen sehr hektischen Arbeitstag, der viel Kraft und Nerven kostet.

Deshalb habe ich lange nach einer Möglichkeit gesucht, um danach Ruhe, Entspannung – also einen Ausgleich – zu finden. Aber alle Versuche (Sport, Urlaub, Hobbys usw.) brachten nicht den gewünschten Erfolg.

Bis mich an einem Sonntag mein 4-jähriger Sohn bat, ich möge doch mit ihm ein Bild malen. (Er hatte vorher mein Geschäftshandy versteckt.)

Er malte einen Kreis als Kopf, ich einen Strich als Hals. Er einen großen Kreis als Bauch, ich Striche als Hände usw. Als wir fertig waren, sahen wir uns das Bild an und lachten los. In diesem Moment durchflutete mich ein unglaubliches Glücksgefühl – ich habe weder an mein Handy noch an E-Mails oder sonstige Verpflichtungen gedacht.

Mir wurde auf einen Schlag klar, wo das Problem lag:

Ich hatte vergessen, ab- bzw. umzuschalten. Ich war auch nach meiner Arbeitszeit immer erreichbar: E-Mails und Anrufe wurden über das geschäftliche Smartphone weiter bearbeitet, sodass ich nie wirklich abschalten konnte und praktisch 24 Stunden im Job war.

In den folgenden Tagen habe ich immer früher das Handy ausgemacht und mich einfachen und grundsätzlichen Dingen gewidmet, wie beispielsweise bewusst und mit Genuss essen, Bewegung, Familie.

Seitdem habe ich viel mehr Energie und Erfolg, da ich ausgeglichener bin. Meine Zeitblüte ist mein Sohn, der mich erdet und mir mit ganz einfachen Dingen zeigt, dass nichts selbstverständlich ist und dass man die kleinen Dinge im Leben achten und genießen muss.


Sind Sie permanent online? Und wenn ja, empfinden Sie das Ganze als eine Form der digitalen Knechtschaft oder als Bereicherung?

Hier noch ein (älteres) Video, das recht gut das Thema aufgreift:


Blocker-Apps

Sie können auch die Ruhefunktion Ihres Smartphones oder sogenannte Blocker-Apps nutzen.  (Anbieter dieser Apps finden Sie, indem Sie im Internet beispielsweise nach „call blocker app“ suchen. Ich nutze die App „OffTime“.)

Damit können Sie Zeiten definieren, in denen sämtliche Anrufe geblockt bzw. direkt auf die Sprachbox umgeleitet werden oder in denen Sie nur für festgelegte Personen (in Ihrer Kontaktliste, z. B. für Familie und Freunde) erreichbar sind.

Sie können auch selbstdefinierte Profile in Abhängigkeit Ihrer Tätigkeit anlegen (z. B. Profil „Zeit für mich“ = alle Anrufe werden direkt auf die Mailbox umgeleitet, Profil „Nach Feierabend“ = nur Freunde, Familie und wichtige Geschäftspartner werden durchgelassen) und bei Bedarf aktivieren.


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Kommentare

  • A. Strack

    Das Thema “Smartphone” wird sehr gut in diesem Beitrag dargestellt. Auch mich nervt es, wie meine Mitmenschen nur noch mit diesen Geräten Eins sind.

    Wenn ich mich mit Freunden zu einem Treffen verabrede, z. B. einem Abendessen, und mein Gegenüber nach der 2. Aufforderung sein Telefon nicht in Ruhe läßt, beende ich das Treffen. Schließlich haben wir uns getroffen, um mal wieder gemeinsam etwas Schönes zu erleben, zu quatschen etc. Wir haben uns nicht getroffen, um uns unsere Smartphones zu zeigen und denen die Macht über unser Verhalten zu geben. Anfangs fand das Erstaunen und Empörung. Ich solle mich mal nicht so haben. Inzwischen machen es meine Freunde genauso.

    Wir wohnen glücklicherweise alle nur einen 10-minütigen Fußweg auseinander. Und das in Berlin! Da muss man nicht telefonieren, da kann man sich auch persönlich besuchen. Das klappt inzwischen auch (wieder).

    Für mich ist das Smartphone in 2 Fällen ein Segen: Wenn ich eine Bahnverbindung für die Öffentlichen brauche oder wenn ich mal Hilfe holen müsste, was ich noch nie musste. Alles andere dient m. E. eher dem Zeitvertreib. Ich lese meistens, um mir die Zeit beim Warten oder während einer Zugfahrt zu vertreiben, indem ich immer ein kleines Buch oder eine Zeitung dabei habe. Vielleicht brauchen Manager eine permanente Erreichbarkeit, aber arbeiten können sie dann ja auch nicht …

    Letztlich muss es jeder für sich entscheiden, aber seitdem ich mein Smartphone praktisch verstauben lasse, ist meine Lebensqualität erheblich gestiegen! Und erreichbar bin ich persönlich, per Post, eMAil und Festnetzanschluss.

    Grüße A. Strack

  • Klaus

    Jeder hat zum Smartphone seine eigene Meinung. Und das ist auch gut so. Wie bei allen Sachen spielt hier die Notwendigkeit und die gegenseitige Achtung eine entscheidende Rolle.

    Das Smartphone, mit seinen zu ladbaren Apps, ist ein Unterhaltungsgerät, ein Informant und ein Wissensvermittler in einem. Die sinnvolle Verwendung fängt im Kopf des jeweiligen Besitzers an. Aber wie es bei so vielen Sachen ist, wird zuerst ein Haufen Müll fabriziert, bis sich die Vorteile desselben eröffnet haben.

    Beispiele: in einer fremden Stadt; Autostandort nebst Straßenbezeichnung aufgenommen. Kein Problem, es wieder zu finden. // Informationen jeder Art, Foto, fertig.// Informationen für andere (Gegenstände, Zeichnungen, u.s.w. ..), Foto, versenden, fertig. Wissensvermittlung mittels PDF, Bücher, alles kein Problem. Spaß muss auch sein (Selfies).

    Ich bin 74, ich möchte es nicht mehr missen. Ein Großteil meines Lebens ist hier gespeichert. Wenn nur nicht immer diese Zwangswerbung wäre. Google ist nervig.

    Mit freundlichen Grüßen

    Klaus

  • Anna

    Ich habe das Glück oder Pech (?), diese Entwicklungen auf Abstand anzusehen, da ich elektrosensibel auf dergleichen Geräte reagiere. Wenn sich Menschen bei mir treffen, sind deshalb Handys usw. ganz ausgeschaltet.

    Diese Entwicklung beruhigt scheinbar die Ängste von uns Menschen (vor dem Alleinsein, etwas zu verpassen, Kontrolle zu verlieren, Verlust zu erleben, nicht immer dabei sein usw.). Und eines Tages – so wie jetzt – begreifen wir, dass wir durch die unentwegte Nutzung gerade das verlieren, nämlich den wirklichen Kontakt zu uns zu den Anderen …, zum Leben selbst!!!

    Mit herzlichen Grüßen

    Anna

  • Birgit

    Letzte Woche war ich mit meinem Sohn (15) zur Untersuchung im Krankenhaus. Auch er ist ein “Smartphone-Junkie”. Während wir auf die Ärztin gewartet haben, haben wir uns über einiges unterhalten, ein seltenes Vergnügen, da er sich meistens in seinem Zimmer verschanzt. So war ich schon fast traurig, dass die Ärztin nach 30 Minuten auftauchte und das Gespräch so beendete.