3 Voraussetzungen für ein gutes Gespräch

Ein gutes Gespräch – nun, was ist das wirklich?

Für mich ist ein Gespräch dann gut, wenn ich danach ein positives Gefühl habe und/oder wenn es mich bereichert hat – in welcher Form auch immer.

Ein Gespräch also, an das ich mich auch noch nächste Woche oder nach längerer Zeit gerne zurückerinnere. Wir kommunizieren zwar tagtäglich, führen also Gespräche mit anderen Menschen – aber Gespräche gemäß den genannten Definitionen kommen wohl nicht so häufig vor.

Wenn Sie beispielsweise auf ein, zwei Monate zurückblicken, an wie viele Unterhaltungen erinnern Sie sich, die Sie als wertvoll und bereichernd bezeichnen würden? Schön, wenn es mehrere sind.

Die Anzahl kann auch Rückschlüsse auf unsere Fähigkeiten als Gesprächspartner und auf unsere Beziehungen zulassen.

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Bildlich dargestellt: aneinander vorbeireden & gutes Gespräch

Damit es ein gutes Gespräch wird

Die für mich wesentlichsten Grundvoraussetzungen für ein gutes Gespräch sind:

  1. Zeit
  2. Zuhören
  3. Vertrauensbasis zwischen dem Gesprächspartner und mir

1. Zeit

Ein Gespräch auf die Schnelle zwischen Tür und Angel geführt, mag zwar für den Informationsaustausch genügen, wird sich aber kaum zu einem tiefen, bereichernden Gespräch mit hohem Erinnerungswert entwickeln.

Nur wenn jeder Gesprächspartner ausreichend Zeit findet, sich mitzuteilen, aber auch zum Zuhören, kann sich ein gutes Gespräch entwickeln.

2. Aktives Zuhören

Ein einseitiges Gespräch, in dem nur eine Person spricht, quasi ein Monolog, hat nicht unbedingt die besten Voraussetzungen für eine nachhaltige Wirkung.

Ein gutes Gespräch ist ein Austausch, auch ein Geben und Nehmen, im besten Fall ein „Win-win-Gespräch“.

Und hier bin ich auch schon beim Faktor Zuhören. Wenn ich die Worte meines Gesprächspartners nicht aufnehme, darauf nicht eingehe, auf Durchzug schalte, verläuft das Gespräch schnell in eine Sackgasse. Die Gefahr ist vor allem dann gegeben, wenn das Interesse für das Thema auf der einen Seite fehlt.

Nun gibt es Menschen, die sich generell schwer tun beim aktiven Zuhören. Hieraus resultieren nicht selten Schwierigkeiten in Partnerschaften. Denn es steht wohl außer Frage, dass Kommunikation den Grundstock einer erfolgreichen Partnerschaft darstellt – egal, ob es sich dabei um eine private oder geschäftliche Beziehung handelt.

Zuhören wie Momo

Der folgende Ausschnitt aus dem Buch „Momo“ von Michael Ende gefällt mir deshalb so gut, weil er großartig vermittelt, was richtiges Zuhören bewirken kann – auch wenn es uns dies nicht immer ganz leichtfällt. Aber lesen Sie selbst:

Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war das Zuhören.

Das ist doch nichts Besonderes, wird nun vielleicht mancher Leser sagen, zuhören kann doch jeder. Aber das ist ein Irrtum. Wirklich zuhören können nur recht wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.

Momo konnte so zuhören, dass dummen Leuten plötzlich sehr gescheite Gedanken kamen. Nicht etwa, weil sie etwas sagte oder fragte, was den anderen auf solche Gedanken brachte – nein, sie saß nur da und hörte einfach zu, mit aller Aufmerksamkeit und aller Anteilnahme.

Dabei schaute sie den anderen mit ihren großen, dunklen Augen an, und der Betreffende fühlte, wie in ihm plötzlich Gedanken auftauchten, von denen er nie geahnt hatte, dass sie in ihm steckten.

Sie konnte so zuhören, dass ratlose, unentschlossene Leute auf einmal ganz genau wussten, was sie wollten.

Oder dass Schüchterne sich plötzlich frei und mutig fühlten.

Oder dass Unglückliche und Bedrückte zuversichtlich und froh wurden.

Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er selbst nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf denen es überhaupt nicht ankommt, und er ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Topf – und er ging hin und erzählte das alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn, genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war.

So konnte Momo zuhören!


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3. Vertrauensbasis

Dann darf natürlich die zwischenmenschliche Komponente nicht außer Acht gelassen werden.

Die Bereitschaft, in einem Gespräch etwas weiterzugeben ist umso größer, je stärker die Vertrauensbasis zwischen den am Gespräch beteiligten Personen ist.

Wenn die Vertrauensbasis fehlt, mir mein Gegenüber vielleicht auch noch unsympathisch ist, wird sich die Kommunikation nicht wirklich zu einem nachhaltigen Gespräch entwickeln.

Kommen wir nochmals auf Ihren Rückblick der wertvollen, bereichernden Gespräche in den letzten Monaten zurück. Ich gehe mal davon aus, dass diese drei Grundvoraussetzungen bei diesen Gesprächen gegeben waren. Oder?

Zwei Erfahrungen zum Thema „gutes Gespräch“

Abschließend zwei von Lesern eingesendete Erfahrungsberichte passend zum Thema: 

Zeitblüte 1

Unser Herzensgespräch

Mein Freund und ich kennen uns nun schon einige Jahre. Wir arbeiten auch zeitweise zusammen und gehen wöchentlich zum brasilianischen Paartanz.

Aber zum Herzensgespräch in einer friedvollen und ruhigen Atmosphäre kommen wir erst, wenn wir uns dafür entscheiden und eine Zeit verabreden.

Wir setzen uns bewusst gegenüber auf das Sofa und entscheiden gemeinsam, wer den Anfang macht.

Wir stellen die Uhr und jeder hat 10 Minuten Zeit, um sich alles von der Seele zu reden, ohne vom anderen unterbrochen zu werden.

Dazu benutzen wir einen Redestab, den ich selber gebastelt habe. Das kann ein schön verzierter Ast, ein Handschmeichler oder ein anderes Symbol sein, das einen persönlichen Wert hat und das gut gehalten werden kann.

Vorher haben wir für eine ungestörte Atmosphäre gesorgt, haben unsere Handys ausgeschaltet und versuchen, bei uns selbst zu bleiben – also nicht in eine negative „Du-Botschaft“ abzudriften, sobald ein Thema aufkommt, bei dem der andere eine wichtige Rolle spielt.

Dann – ohne Kommentar – wird der Redestab an den anderen weitergegeben, der wiederum seine 10 Minuten auskostet.

Danach besprechen wir, was noch gesagt werden darf, um das Herzensgespräch abzurunden. Diesmal ohne die 10-Minuten-Regel, sondern in einer offenen Konversation mit Übergabe des Redestabs, sobald einer das Wort ergreift.

Danach bedanken wir uns jeweils beim anderen und gehen wieder unseren Aufgaben nach.

Diese Herzensgespräche tun uns unheimlich gut und bereichern unsere Beziehung.

Anja

Zeitblüte 2

Mit Aufrichtigkeit
und Wertschätzung

“People always forget what you‘ve said or done – but they never forget how you made them feel.”

Dieses Zitat hat mir bewusst gemacht, dass ich mit Aufrichtigkeit und Wertschätzung viel weiter komme als mit den besten Argumenten.

Wenn ich vor einem schwierigen Gespräch stehe (z. B. Kritikgespräch), dann führe ich mir vor dem Gespräch in Gedanken alle guten Eigenschaften dieses Menschen vor Augen.

Mit dieser inneren wertschätzenden Einstellung gelingt es mir, den anderen selbst in einem schwierigen Gespräch nicht persönlich nahe zu treten oder gar zu beleidigen (zumindest hoffe ich, dass mir das immer gelingt).

Urs


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