
Mit der Familie auf WELTREISE: von großartigen & weniger schönen Momenten
Die weltweit fortschreitende Digitalisierung hat durchaus ihre kritikwürdigen Seiten, aber sie eröffnet auch zahlreiche neue Möglichkeiten. Eine für viele Menschen besonders reizvolle stellt das ortsunabhängige Arbeiten dar. Etwa auf der Welt unterwegs sein und an Orten zu arbeiten, die andere nur vom Urlaub her kennen. Allein oder mit dem Partner als sogenannter digitaler Nomade auf der Welt unterwegs zu sein, ist bereits eine große Herausforderung. Sich als Familie mit minderjährigen Kindern auf ein solches Abenteuer einzulassen, ist nochmals eine andere Dimension.
Die Ebachs: Ben, Nicole, Saša & Martin
Familie Ebach – Saša, Nicole und ihre zwei Söhne Ben und Martin – haben es gewagt. Sie haben ihren Wohnsitz in Deutschland abgemeldet und sind im Juni 2018 zu einer Weltreise auf unbestimmte Zeit aufgebrochen. Und weil ich Saša schon lange persönlich kenne, habe ich ihn dazu befragt. Saša erzählt in diesem Interview von Widrigkeiten, aber auch von großartigen Momenten, die das Abenteuer mit sich bringen kann. Er gibt zahlreiche Insidertipps, gewährt Einblicke in die Kosten und lässt wissen, was es für die Vorbereitung der Weltreise alles zu berücksichtigen galt. Aber lesen Sie selbst. Vielleicht verspüren Sie auch die Sehnsucht, alles mal für längere Zeit hinter sich zu lassen – oder sogar gemeinsam mit der Familie auszusteigen.Saša, digitalen Nomaden wird häufig nachgesagt, dass sie von irgendetwas davonlaufen. ;-) Was hat euch dazu bewogen, euren Wohnsitz in Deutschland abzumelden und auf unbestimmte Zeit in die weite Welt aufzubrechen? Gab es ein ausschlaggebendes Erlebnis? Nein, ein einzelnes ausschlaggebendes Erlebnis gab es nicht. Eher viele kleine Erlebnisse über das letzte Jahrzehnt verteilt. Wir haben unser Unternehmen von Anfang an so aufgebaut, dass es jederzeit möglich ist, ortsunabhängig zu werden. Das war uns immer sehr wichtig. Wir haben die meiste Zeit kein Büro angemietet und von zu Hause aus gearbeitet, weil wir immer wussten, dass wir eines Tages einfach losziehen wollen.
Und wir sind wohl eher nicht vor etwas weggelaufen, sondern mehr zu etwas hingelaufen.Nicole und ich sind beide Mitte 40 – das ist genau der richtige Zeitpunkt, um herauszufinden, ob es im Leben noch etwas anderes gibt. Andere würden wahrscheinlich sagen, dass wir voll in der Midlife-Crisis stecken, womit sie wahrscheinlich gar nicht Unrecht hätten, denn so definiert sich ja der Begriff.
Für uns ist es ein alternativer Lebensplan. Also nicht etwa bis zur Rente arbeiten und dann mit dem Reisen beginnen – falls man denn Glück hat und dann noch lebt oder noch gesund genug ist.Außerdem ist unser ältester Sohn mittlerweile schon 14 Jahre alt. Und da stellte sich eben die Frage, wie lange wir mit den Kindern zusammen überhaupt noch reisen könnten. Wir wollten die Erlebnisse einer Weltreise unbedingt zusammen haben, um später, wenn unsere Kinder erwachsen sind und vielleicht selber eine Familie haben, gemeinsam auf diese Erlebnisse zurückblicken zu können.
Wir sehen die Weltreise auch als Investition in die Beziehung mit unseren Kindern.Viele Familien gehen mit Kindern im Vorschulalter auf Weltreise – einfach mal auf YouTube nach „Familien auf Weltreise“ recherchieren, da findet man etliche Beispiele (die wir alle lieben). Nachdem wir alle Pros und Kontras abgewägt hatten, blieb zum Schluss nur noch die Frage: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“

So sieht es aus, wenn man sich in Deutschland abgemeldet hat ...
Wie ist der gemeinsame Entschluss zur Weltreise gefallen? Mit den Kindern haben wir das erste Mal im Oktober 2017 über unsere Pläne gesprochen – sie dabei aber nicht vor vollendete Tatsachen gestellt. Unsere Vereinbarung war, dass wir gemeinsam am Silvesterabend die Entscheidung fällen, ob wir tatsächlich auf Weltreise gehen. In diesen zweieinhalb Monaten haben wir viel mit den Kindern geredet, alle möglichen Vor- und Nachteile erörtert und dann am Silvesterabend eine Abstimmung gemacht.Wenn sich nur einer gegen die Weltreise ausgesprochen hätte, wären wir nicht losgezogen.Wer nicht auf Weltreise gehen wollte, der sollte bei der Abstimmung einfach die Hand heben. Das hat niemand gemacht. Also war der Entschluss gefasst und die tatsächliche Planung konnte beginnen. Wie war die Vorbereitung für dieses große Abenteuer, was galt es zu berücksichtigen? Ursprünglich wollten wir im Oktober/November 2018 losziehen. Aber wir mussten den Abreisetermin auf Juni 2018 vorziehen. Und dann wurde es hektisch, denn wir hatten nur noch wenige Monate, um alles zu regeln. Dann hatten wir im Februar einen Flug für 600 € für 4 Personen nach Bangkok bekommen.
Das Ticket tatsächlich zu buchen, war ein besonderes Gefühl. Es hatte unseren Plänen eine offizielle Bestätigung gegeben. Jetzt hatten wir den Starttermin schwarz auf weiß.Die dann folgenden Monate waren sicher die stressigsten in unserem Leben. Wir mussten alles planen:
- die Neugründung,
- Liquidation der alten Firma,
- Beantragung von internationalen Konten für die neue Firma,
- den Abverkauf aller Sachen,
- die Impfungen,
- Reisepässe, Visen,
- internationale Führerscheine,
- Abmeldungen, Kündigungen von allen möglichen Verträgen,
- Verabschiedungen, letzte Treffen, die Abschiedsfeier,
- den Antrag auf Beurlaubung der Kinder in der Schule,
- Renovierungsarbeiten, Hausübergabe,
- Sperrmüll, Fahrten zu den Müllhalden,
- Backups aller Daten, Digitalisieren aller Familienfilme, Einscannen aller Familienbilder für die Dropbox,
- Verkaufen von etlichen Sachen über eBay,
- Anschaffungen aller Reiseutensilien, Medikamente,
- letzte Arztbesuche, Zahnarzt (Beißschienen).
Bürokratisch wurden uns keine Steine in den Weg gelegt. Dafür muss man Deutschland loben. Es ist ein freies Land und wer es (temporär) verlassen will, der kann das einfach tun.Selbst die Schul- und die Steuerpflicht werden dann aufgehoben. Hoffentlich bleibt das auch so. ;-) Die größte Hürde war sicherlich, das Haus leer zu bekommen und sich des ganzen Besitzes, der sich über Jahrzehnte angesammelt hat, zu entledigen. eBay-Kleinanzeigen war nachher unser größter Freund. Viele Sachen haben wir auch an Freunde, Nachbarn und Verwandte abgegeben. Uns hat überrascht, dass es den Kindern so leichtgefallen ist, sich von ihrem eigenen Spielzeug zu trennen. Lego? Kann weg. Der liebgewonnene Ghettoblaster? Brauche ich nicht mehr. Da floss keine einzige Träne. Etwas Aufwand hat die Abwicklung der deutschen Firma gekostet. Das ist in Deutschland ein ganz schön aufwendiges und teures Prozedere. Was hättest du jetzt im Nachhinein hinsichtlich Planung anders gemacht oder noch berücksichtigen können? Wir haben versucht, uns gegen alles impfen zu lassen. Ein Problem war, dass wir uns zuerst von der Hausärztin haben beraten lassen. Wir hätten am besten direkt zum Tropenmediziner gehen sollen bzw. zu einem Experten. Denn nachher hat das mit den Zeitintervallen zwischen den Impfungen nicht mehr optimal funktioniert. Wir mussten also mit einer nicht 100-prozentigen Impfdeckung losziehen und den Rest dann im nächstmöglichen Land nachholen. Hier in den Tropen, also in Thailand, Indonesien etc. ist das aber nicht so einfach. Hier gibt es größtenteils nicht die gleichen Präparate wie in Deutschland. Jetzt werden wir es in Australien mit den Auffrischungen versuchen. Das Coole ist, wir können uns sogar per Skype von unserem Arzt in Deutschland beraten lassen. Also sind wir hoffentlich gut beraten – nach deutschem Standard, der weltweit sicherlich einzigartig ist. Ihr seid jetzt seit Juni etwa ein halbes Jahr unterwegs. Welche waren eure bisherigen Stationen? Bis jetzt führte uns unsere Reise nach
- Thailand (Bangkok, Koh Samui, Krabi),
- Singapur, Malaysia (Johor Bahru) und
- Indonesien (Bali, Lombok).

Immer wieder beeindruckend: die Sonnenuntergänge auf Krabi (Thailand)
Wir wollen Länder und die Menschen, aber auch die Kultur besser kennenlernen; ein Gefühl dafür bekommen, wie es in diesem Land tatsächlich ist.Es gibt andere Weltreisende, die sind nur jeweils 1–2 Wochen in einem Land, versuchen dann, so viele Länder wie möglich von der Liste zu streichen, nur um dann irgendwann sagen zu können, dass sie in jedem Land der Welt waren. Das ist nicht unser Ding. Und eure nächste Station? Unsere nächste Station ist Sydney, Australien. Dort haben wir über Weihnachten und Neujahr einen Housesit über TrustedHouseSitters.com erhalten. Wir dürfen also auf das Haus einer Familie aufpassen, die selbst auf Reisen geht. Die Mutter ist ebenfalls Deutsche und vor längerer Zeit nach Australien ausgewandert – wahrscheinlich der Grund, warum wir neben vielen anderen Bewerbern den Zuschlag erhalten haben. Das Coole am Housesitten: Man zahlt keine Miete. Im Gegenzug passt man auf das Haus und die Haustiere auf. Perfekt für uns, da wir das die letzten 10 Jahre auch immer für unsere Nachbarn gemacht haben. Australien ist immer schon unser großer Traum gewesen. Ursprünglich wollten wir 2012 schon einmal nach Australien auswandern. Wir haben einige Zeit daran geplant, aber es ist letztendlich an den Finanzen gescheitert. Als Europäer braucht man für Australien auf jeden Fall ein relativ großes finanzielles Sicherheitspolster. Australien war schon damals sehr teuer und dieser Trend hat sich bis heute fortgesetzt. Als normal Reisende könnten wir uns aktuell Australien nur schwer leisten. Da kommt so ein Housesit sehr gelegen. Solange wir neue Housesits in Australien finden, können wir (für drei Monate, solange geht das Visum) mietfrei das Land bereisen. Wir freuen uns sehr darauf, mit der Weihnachtsmütze bei 40 °C Hitze am 24.12. am Bondi-Beach baden zu gehen und das großartige Silvesterfeuerwerk an der Sydney Harbour Bridge mitzuerleben. Und welche Länder habt ihr nach Australien noch geplant? Grob wollen wir noch ganz Südostasien bereisen, aber auch Ostasien (Südkorea, Taiwan, Japan). Dann Südamerika (Uruguay, Paraguay, Brasilien, Chile, Peru, Ecuador, Kolumbien), dann Mittelamerika (Panama, Costa Rica), danach Indien, Sri Lanka, China und die Mongolei. Ach, da gibt es noch Neuseeland und die Südsee. Und auch Nordamerika und Afrika wollen erkundet werden. Das ist eine Menge, aber wir haben keine fixe Liste. Wenn der Flug billig ist, dann fliegen wir weiter. Welche Voraussetzungen muss ein Ort überhaupt erfüllen, der euch einen Aufenthalt für längere Zeit ermöglicht? Natürlich kein Krieg und keine Krisengebiete. Aber ansonsten: 2 Schlafzimmer, 2 Toiletten und Internet. Was auch nicht fehlen darf, ist ein großer Tisch, auf dem Platz ist für 2 oder mehr Laptops. So können wir dann auch arbeiten.

Saša und Nicole bei der Arbeit ...
Aber bisher waren wir noch nirgends, wohin wir nicht noch mal zurückkehren würden.
Das Essen war derart gut – mir fehlen da echt die Worte, das genau zu beschreiben.Wer meint, in Deutschland oder woanders außerhalb von Indien tatsächlich authentisch indisch essen gewesen zu sein, der war noch nicht im Food Court vom Tekka Centre in Little India. Ein simples Linsengericht mit Brot hat einfach nur köstlich geschmeckt und kostet 2–3 €.

Tagesausflug: Gardens by the Bay (Singapur)

In den Supermärkten gibt es leider nur eine kleine Auswahl an Obst und Gemüse.
Die Märkte haben nur morgens oder an bestimmten Tagen geöffnet und man kann nicht einfach mal schnell in den Supermarkt gehen. Die Straßen sind auf Lombok extrem gut ausgebaut, viel besser als die auf Bali, allerdings müssen wir jedes Mal 2 Stunden im Auto sitzen, um tatsächlich in einem ordentlichen Supermarkt mal richtig für die nächsten 2 Wochen einkaufen zu gehen. Auch das kostet dann jeweils 25 € für den Fahrer (der dann stundenlang vor dem Supermarkt auf uns wartet). Denn wir kochen immer noch gern selbst, auch wenn das etwas teurer ist als essen zu gehen. Das Problem mit dem Essengehen ist, dass viele Restaurants einfach alles in Öl braten und frittieren. Wer sich gesund ernähren möchte, der fährt besser damit, so oft wie möglich selbst zu kochen. Zur Erklärung: Wir versuchen, uns nach dem Prinzip whole food, plant-based no added oil, sugar or salt zu ernähren (unverarbeitete ganze Pflanzen/Früchte ohne hinzugefügtes Öl, Salz und Zucker). Das ist in westlichen Ländern aufgrund der Auswahl deutlich einfacher. Generell ist es auf Lombok und Bali tatsächlich möglich, noch günstiger zu leben als in Thailand. Mal vorausgesetzt, man möchte nicht unbedingt in den touristischen Zentren wohnen, denn die Mieten dort sind schon vergleichbar mit München oder Wien.Wer immer nur 30 Tage in einem Land bleibt, hat es sehr einfach. Mit dem deutschen Reisepass geht das simpel und ohne weiteren Aufwand oder Kosten in ca. 180 Ländern weltweit.Der deutsche Pass ist da wirklich weltspitze. Wenn man allerdings das Visum vor Ort verlängern möchte, dann bedeutet das schon mal wenigstens einen halben Tag Aufwand. Man muss dann irgendwo hinfahren und Fingerabdrücke abgeben, eventuell Fotos machen, irgendwelche anderen Dokumente vorzeigen und abstempeln lassen. Alles in allem geht dabei ca. alle 60 Tage 1 Tag drauf. Länderspezifische Bürokratie: Ich glaube, dass die bürokratische Last in Deutschland gar nicht so viel geringer ist. Hier muss man auch oft irgendwas beantragen oder irgendwo hinfahren, um etwas zu regeln. Das hält sich ungefähr die Waage.
Jedenfalls ist es mit Sicherheit kein guter Grund, eine Weltreise nicht anzutreten, nur weil man sich vor den bürokratischen Anforderungen fürchtet.Es ist ja auch von Land zu Land unterschiedlich. Malaysia beispielsweise kann man in den meisten Regionen mit einem deutschen Pass direkt 3 Monate bereisen. Da sollte unserer Meinung nach überall so sein. Ein soziales Netzwerk vor Ort aufzubauen, ist durch die begrenzte Aufenthaltsdauer sicher auch nicht einfach. Beziehungen bleiben wohl eher oberflächlich – oder? Mit den Einheimischen Beziehungen aufzubauen, ist gar nicht so schwierig. Allerdings werden die Freundschaften sicher nie wirklich tiefgründig werden, außer man ist bereit, die Sprache zu lernen. Viele sprechen Englisch, aber oft nicht auf dem Niveau, um wirklich in die Tiefe zu gehen.
Eines der wichtigsten Ziele unserer Dauerweltreise ist der Aufbau eines internationalen Netzwerks von Freunden und Bekannten.Selbstverständlich wollen wir auch Sehenswürdigkeiten sehen. Allerdings ist uns sehr viel wichtiger, Menschen kennenzulernen und neue Bekanntschaften zu machen. Aber das Weiterreisen bedeutet auch, immer wieder Abschied nehmen. Das ist klar und gehört einfach dazu. Ein Segen für uns ist Social Media mit z. B. WhatsApp. Wir schreiben immer noch mit unseren neuen Freunden aus Thailand und Bali und schicken uns gegenseitig Fotos und Nachrichten. Hoffentlich können wir sie in Zukunft mal wieder besuchen.
Das nehmen wir mittlerweile nicht mehr als Einschränkung, sondern als große Befreiung wahr.Wir besitzen keine Couch mehr – genauso wenig einen Wohnzimmertisch, einen Fernseher, eine Küche oder ein Bett. Wir haben nur noch unsere Rucksäcke und Koffer. Mehr wollen wir auch gar nicht mehr haben. Wenigstens aktuell nicht.
Jede noch so kleine Anschaffung bindet an einen Ort. Dessen ist man sich so gar nicht bewusst. Jeder Gegenstand ist wie ein zusätzlicher Anker.
„Unser gesamtes Weltreisegepäck.“
Mehr wollen wir auch gar nicht, als in Ruhe neue Orte zu erkunden, neue Menschen kennenzulernen und zu verstehen, wie genau diese Menschen leben und denken, um dadurch unseren eigenen Horizont zu erweitern.Wir sind nicht auf der Suche nach sensationellen Ereignissen oder Gegenständen. Wir wollen besser verstehen, wie die Welt funktioniert und wie die Menschen ticken. Wenigstens für Südostasien können wir feststellen, dass die Mentalität eine ganz andere ist. Es ist eine Sache, darüber zu reden oder zu schreiben, aber es ist etwas ganz anderes, dies selbst zu erfahren. Das ist es, was eine Dauerweltreise so reizvoll macht. Dieses Wissen ist einzigartig und lässt sich nicht aus Büchern lernen. Ihr habt ja weiterhin Kunden und Projekte, die ihr in Deutschland betreut – wie lässt sich das mit eurer Weltreise vereinbaren, z. B. die Kommunikation und unterschiedliche Zeitzonen? Das ist wirklich einfach. Aktuell ist es so, wenn wir hier in Indonesien 15:00 Uhr haben, dann ist es in Deutschland 6–7 Stunden früher, also 8:00–9:00 Uhr und die Arbeit fängt in Deutschland gerade erst an. Ich habe also den gesamten Vormittag und einen großen Teil der Mittags- und Nachmittagszeit, um alles in Ruhe vorzubereiten, E-Mails zu schreiben, Texte zu verfassen, meine Frau bereitet Grafiken vor und was sonst noch so ansteht. Wenn unsere Kunden dann um 8:00 Uhr das erste Mal vor dem Computer sitzen, haben sie von uns schon alles vorliegen. Wir machen dann unsere erste Abkühlpause im Pool, gehen ein bisschen einkaufen und reagieren dann abends noch mal auf wichtige E-Mails und bereiten den nächsten Tag vor. Asien ist also wirklich vorteilhaft, Australien wird sogar noch besser. Da gewinnen wir weitere 3 Stunden Vorsprung hinzu. Wenn wir dann nächstes Jahr nach Südamerika reisen, könnte es schwieriger werden, denn dann laufen wir der Zeit hinterher. Und wie sieht ein normaler Tagesablauf bei euch aus? Wir haben keine Wecker mehr, daher stehen wir dann auf, wenn wir wach werden. Es sei denn, wir haben einen Termin, um beispielsweise ein Visum zu verlängern. Oder vielleicht einen geplanten Tagesausflug, für den wir früh aufstehen müssen. Nach dem Frühstück planen wir dann grob den Tag. Wenn es ein normaler Arbeitstag ist, klappen wir einfach die Laptops auf, arbeiten für ungefähr 2–3 Stunden, machen eine kleine Pause, um vielleicht etwas einzukaufen, kochen etwas oder kühlen uns im Pool ab. Danach geht es erfrischt und gestärkt wieder an die Arbeit. Mal sind es 4 Stunden, mal 12. Je nach Projektlage. Hin und wieder arbeiten wir auch am Strand. Mit unserer Spracherkennungssoftware auf dem Smartphone haben wir beispielsweise größtenteils das Interview hier aufgezeichnet. Abends schauen wir dann gerne etwas Fernsehen (Streaming, YouTube, Netflix etc.), spielen Karten oder unterhalten uns über Gott und die Welt. Oft berichten dann auch die Kinder, was sie den ganzen Tag gelernt haben und wir reden mit ihnen darüber, welche Projekte sie in den nächsten Tagen angehen sollen. Außerdem haben beide gerade das Surfen erlernt. Bei diesen Aktivitäten lernen sie zudem zahlreiche andere Menschen kennen und knüpfen ihre ersten Kontakte. Dabei sprechen sie stundenlang englisch – besser als jeder Englischunterricht. Manchmal gehen wir auch kurz vor Sonnenuntergang noch an den Strand, um dort zu spazieren oder uns im Meer zu erfrischen.

Mit den Kindern nochmals ins Meer, bevor die Sonne untergeht ...
Kommen wir zu den Kosten. Wie verhält es sich mit den Lebenshaltungs- und Unternehmenskosten im Vergleich zu Deutschland? Und zahlt ihr noch Steuern in Deutschland? Was die privaten Kosten betrifft, so kann man sich das immer selbst aussuchen. Wer möchte, kann wahrscheinlich mit einem Viertel der deutschen Lebenshaltungskosten in Südostasien gut über die Runden kommen und dabei noch sehr gut leben. Wer das Geld hat und den Luxus liebt, kann auch hier 5.000 € pro Person und Monat ausgeben. Wir haben auf jeden Fall etwas weniger Ausgaben als in Deutschland, schätzungsweise ca. 30 % weniger. Zusammen mit der Tatsache, dass wir in Deutschland keine Steuern mehr zahlen müssen, sparen wir viel Geld, das wir wiederum in Flüge und Miete stecken können. Aktuell zahlen wir z. B. 1.100 € monatlich an Miete für ein Haus mit 3 Schlafzimmern, Pool, täglicher Reinigung, Gärtner, Manager, Poolreinigungskraft und 24-Stunden-Security. Wenn irgendwas ist, dann rufen wir das Servicepersonal und das wird dann prompt erledigt. Alle sind dabei immer extrem freundlich und zuvorkommend.
Im traumhaften Airnbnb auf Bali
Wir denken, dass es extrem wichtig ist, den eigenen Kindern beizubringen, wie man ein Thema völlig selbstständig recherchiert und erarbeitet.Abitur ohne Schule: Was die meisten Eltern nicht wissen: Es ist in Deutschland möglich, sich jederzeit für eine externe Abiturprüfung anzumelden, auch ohne jemals einen einzigen Tag in der Schule verbracht zu haben. Sollten die Kinder in Deutschland studieren wollen, dann brauchen sie lediglich eine Hochschulzugangsberechtigung. Die können sie sich ganz einfach (natürlich mit entsprechendem Aufwand) erarbeiten. Beispielsweise mit den entsprechenden Abitur-Vorbereitungsbüchern, die man in allen Buchhandlungen erhält. Oder sogar auf YouTube, wo man auch sehr viel gutes Material findet, siehe z. B. die Khan Academy. Dann einfach anmelden und Prüfung bestehen. Selbstverständlich können unsere Kinder auch in anderen Ländern dieser Welt studieren.
Denn wir bringen ihnen ja gerade bei, wie sie zu echten internationalen Bürgern werden. Wir glauben, dass dies weit über eine „angemessene“ Schulbildung hinausgeht.

Martin entspannt. Ein perfekter Tag am Kedungu Beach (Bali).
- Kühle, frische Luft
- Sauberkeit und Mülltrennung
- Einfache und umfangreiche Einkaufsmöglichkeiten für Lebensmittel
- Andere Menschen, mit denen man Deutsch sprechen kann
- Was uns an Deutschland überhaupt nicht fehlt: die ewige Meckerei. Wir beobachten das aus der Ferne und vermissen es nicht.
Wir bezeichnen es rückblickend als das emotionale Ankommen in der Weltreise.Wir haben uns das Licht- und Wasserorgel-Spiel in Singapur vor dem Marina Bay Sands Hotel angeschaut. Es ist eine nette Sache, die für die Touristen gemacht ist. Sicherlich nicht das Spektakulärste, was man sich vorstellen könnte. Dennoch waren die Choreografie und die Musik so emotional aufwühlend, dass es uns alle ein bisschen zu Tränen gerührt hat. Wir haben uns danach darüber unterhalten und festgestellt, dass es jetzt nicht unbedingt die Performance war, die uns so überwältigt hat. Es war vielmehr das Gefühl, jetzt endlich mal dabei zu sein und etwas in Person wahrzunehmen, was man sonst vielleicht nur im Fernsehen oder auf YouTube gesehen hätte.
Und so hat sich bei uns allen das Gefühl eingestellt: „Okay, wir sind jetzt auf Weltreise und wir ziehen das jetzt durch, weil das genau das ist, was wir jetzt wollen!“Die erste richtig schlechte Erfahrung auf unserer Weltreise haben wir erst kürzlich hier in Lombok (Indonesien) gemacht: In der Unterkunft wurde eingebrochen und dabei wurden unsere zwei Laptops und etwas Bargeld gestohlen. Das nervt natürlich extrem.
Zum Glück haben wir alle wesentlichen Daten in der Cloud (Dropbox) gespeichert. Auch alle wichtigen Dokumente sind als Scans in der Cloud abgelegt – ein absolutes Muss.Auch weniger schön sind der ganze Abfall und der Plastikmüll, der ein gigantisches Problem darstellt – etwa vergleichbar mit dem Deutschland von vor 30 oder 40 Jahren. Außer natürlich, dass im asiatischen Raum deutlich mehr Menschen leben, die exponentiell mehr Müll verursachen, als das in Deutschland jemals möglich wäre. Die ganze Welt wird noch Jahrhunderte darunter leiden. Auch ist ein wirkliches Umdenken hier überhaupt nicht zu erkennen – wenn man mal von Singapur absieht. Reisen und insbesondere längere Aufenthalte im Ausland sind immer mit neuen Erfahrungen verbunden, die einen prägen und wohl ein Stück weit auch verändern. Inwieweit habt ihr euch persönlich verändert? Langsam, aber sicher die deutsche Verkrampftheit und Anspannung loszuwerden, ist eine Sache, die wir immer mehr merken. Aber wir sind hier noch in den Anfangsstadien. Wenn wir gewisse Dinge sehen, dann denken wir immer noch sehr schnell: „Ach, das geht doch gar nicht so an“, „das kann man doch auch viel besser machen“ etc. Das mag zwar alles sein, es interessiert aber die meisten Menschen auf der Welt nicht.
Der deutsche Effizienzgedanke ist schön und gut, aber die Menschen hier sind auch ohne sehr glücklich und vor allem entspannt.Saša, wenn sich nun von den Zeitblüten-Lesern auch jemand zu einem solchen spannenden Abenteuer entschließt – hast du für sie ein paar abschließende Tipps?
Es gibt viele Möglichkeiten, alleine oder mit der Familie auf Weltreise zu gehen. Unserer Meinung nach ist es von entscheidender Bedeutung, zu lernen, wie man online Geld verdienen kann.Es gibt dazu sehr viele Möglichkeiten. Man braucht nur ein Notebook und eine Internetverbindung. Dann muss man sich natürlich fragen, was die eigenen Talente sind. Und auch, worauf man wirklich Lust hat. Es ist z. B. möglich, für andere Dienstleistungen zu erbringen. Denkbar ist auch, eine Agentur zu gründen und weiterhin entweder mit Menschen aus Deutschland oder international zusammenzuarbeiten und Dienstleistungen einfach von Angestellten erledigen zu lassen. Es ist aber auch möglich, digitale Produkte anzubieten. Beispielsweise kann man Bücher auf Amazon verkaufen oder aber (Selbstlern-)Onlinekurse anbieten, wie wir das machen. Das Geld kommt auf dem Konto an und es ist in der Regel nicht notwendig, mit dem Kunden zu kommunizieren. Das wäre dann ein rein passives und automatisiertes Online-Einkommen. Selbstverständlich ist es viel Arbeit, so etwas aufzubauen. Aber wenn dies einmal steht, dann verdient der Anbieter damit jeden Monat ohne viel Zutun Geld. Solche Systeme zu erschaffen und anderen Menschen und Familien zu zeigen, wie das funktioniert, das haben wir uns auf die Fahne geschrieben.
Wir sind der Meinung, dass es das A und O ist, so etwas aufzubauen. Entweder bleibt man damit zu Hause, also in Deutschland oder Österreich, oder man zieht quer durch die Welt.Vielen Dank für die interessanten Einblicke, Saša. Dir und deiner Familie noch eine schöne Zeit mit vielen tollen Erfahrungen auf allen weiteren Stationen eurer Weltreise.
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