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Per Sie oder per Du – welche Anredeform ist im Unternehmen zu bevorzugen?

Gibt es überhaupt ein Patentrezept, eine allgemein empfehlenswerte betriebsinterne Anredeform? Auf diese Frage gehe ich im Folgenden näher ein. siezen-duzen

Ein Aspekt: Die Du-Anrede (im Unternehmen) erschwert unpopuläre Mitteilungen ...

Vorab eine Umfrage:

Anredeform-Varianten in Unternehmen

Es gibt verschiedene Anredeformen: Mischformen:

Meine Erfahrungen

Beide Formen – also sowohl das innerbetriebliche Siezen als auch das Duzen – sind mir in meiner beruflichen Laufbahn untergekommen. So war ich in einem Unternehmen beschäftigt, in dem die Du-Ansprache Usus war. Für mich war es anfangs ungewohnt, den Betriebsinhaber und die Vorgesetzten zu duzen, und zugegebenermaßen habe ich mich damit auch nie wirklich anfreunden können. In einem anderen Unternehmen (aus der gleichen Branche) wurden die Vorgesetzten gesiezt. Diese Anredeform hat meinem Empfinden nach wesentlich zur Wahrung einer „gesunden Distanz“ zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern beigetragen und ist mir mehr gelegen.

Die interne Anredeform ist von verschiedenen Faktoren abhängig

Zu diesen Faktoren zählen:

Nationale und regionale Unterschiede

In skandinavischen Ländern und in den USA ist die Du-Ansprache bzw. die Anrede mit Vornamen in Firmen üblich. In international agierenden Unternehmen ist es oft nicht ganz einfach, eine einheitliche Anredeform zu finden, welche die unterschiedlichen sprachlichen Gepflogenheiten und Kulturen berücksichtigt. Aber auch regionale Unterschiede lassen sich ausmachen: Hier in Österreich ist das Duzen in Unternehmen in ländlichen Gebieten verbreiteter als in den Städten.

Branche

Im Medien-, Tech- und Kreativbereich, in Startups sowie in Branchen wie IT, und Handel wird vielfach geduzt, während in juristischen Bereichen sowie in der Berater- und Finanzbranche (Banken, Versicherungen etc.) das förmliche Sie häufig Gebrauch findet. Als grober Orientierungsansatz tauglich: In Branchen, in denen Anzug und Krawatte als Dresscode gelten, kommt in der Regel die Sie-Ansprache zur Anwendung.

Unternehmenskultur/Image

In einem Unternehmensumfeld mit flachen Hierarchien wird meistens geduzt. Der kollegiale und lockere Umgang soll durch die Du-Anrede forciert und das Image eines dynamischen und teamorientierten Unternehmens nach außen transportiert werden. In diesem Zusammenhang lassen auch Stellenanzeigen Rückschlüsse zu: Wird der potenzielle Bewerber in der Annonce mit Du angesprochen („Bewirb Dich bei uns!“), ist diese Anredeform in der Regel auch in der Firma gültig.

Generationenunterschiede

Jüngere Mitarbeiter bevorzugen in der Regel das Duzen. Nicht selten wird aber gerade diese Du-Ansprache von älteren als eher respektlos empfunden.

Interne Strukturen

Selbst intern können unterschiedliche sprachliche Umgangsformen gelten. Als Beispiel: in der Administration wird gesiezt, in der Produktion geduzt. Oder: in einer Abteilung präferiert der Abteilungsleiter die Du-Anrede, der Leiter einer anderen Abteilung legt hingegen Wert auf das Siezen.

Vorteile & Nachteile der Du- und Sie-Ansprache

In der folgenden Auflistung habe ich bewusst das „Kann“ gewählt, denn die Vor- und Nachteile müssen immer im Kontext des betrieblichen Umfeldes und auch der Situation betrachtet werden.

Duzen im Unternehmen

Vorteile: Die Du-Ansprache kann Nachteile: Die Du-Ansprache kann

Siezen im Unternehmen

Vorteile: Die Sie-Ansprache kann Nachteile: Die Sie-Ansprache kann

Die Anredeform als Führungsinstrument

Die gewählte Anredeform kann auch als Führungsinstrument zum Einsatz kommen. Etwa dann, wenn eine Führungskraft durch die von ihr geforderte Sie-Anrede bewusst Distanz zu den Mitarbeitern wahren oder Autorität signalisieren möchte. Oder der Vorgesetzte geht zur Du-Ansprache über, um Nähe zu vermitteln und Hemmschwellen abzubauen – hilfreich bei der Teambildung.
Die eingeführte Anredeform muss aber konform mit dem Führungsverhalten gehen, ansonsten kann der Schuss nach hinten losgehen.
Als Beispiel: Ein neuer Teamleiter führt die Du-Ansprache ein. Er möchte dadurch Vertrauen im Team gewinnen. Allerdings erweist er sich durch seinen kommunikationsfeindlichen und autoritären Führungsstil als alles andere als vertrauenswürdig. So mancher Mitarbeiter wird die Du-Ansprache innerlich ablehnen und sich beim Duzen des Teamleiters unwohl fühlen. Dadurch kann sich die Missstimmung zwischen Führungskraft und Mitarbeitern verstärken.

Transparenz und klare Regeln sind essenziell

Generell gilt: Werden Mitarbeiter vom Vorgesetzten unterschiedlich angesprochen – also einige per Sie, andere per Du – sorgt das garantiert für Missstimmung und führt zu einer „Zwei-Klassen-Belegschaft“. Eine Beeinträchtigung des Betriebsklimas und (schwelende) Konflikte sind vorprogrammiert. Duzt der Chef einen Mitarbeiter, sollte der Grund für die unterschiedliche Anrede für alle nachvollziehbar sein: Der geduzte Mitarbeiter ist z. B. der Schwager des Chefs, sie können gute Freunde sein, …

Wer bietet wem das Du an?

Abgesehen von internen Regelungen – wer bietet wem das Du an? Die klassischen Regeln sind immer noch gültig:

Vorsicht! Das „Feierlaune-Du“ vom Chef

Schnell kann es passieren: Alle sind in Feierlaune, ausgelassene Stimmung und der Chef – womöglich unter Einfluss von Alkohol – bietet Ihnen das Du an. Wie reagieren? Bleiben Sie am nächsten Tag beim Sie. Erst wenn der Vorgesetzte ausdrücklich weiterhin auf das Du besteht, können Sie ihn bedenkenlos duzen.

Fazit

Um auf die eingangs erwähnte Frage zurückzukommen: Per Sie oder per Du – welche Anredeform ist zu bevorzugen? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, da in diesem Zusammenhang stets mehrere Faktoren berücksichtigt werden müssen, die von Unternehmen zu Unternehmen erheblich voneinander abweichen können. Letztlich ist es eine betriebsinterne Entscheidung, die es gut abzuwägen gilt. Wenn Sie unsicher sind, welche Anredeform Sie im Unternehmen etablieren wollen, finden Sie in branchenähnlichen Firmen einen Orientierungsansatz. Auch die Beantwortung der folgenden Frage sollte Ihnen eine Entscheidungsgrundlage liefern: Worauf legen Sie bei den o. a. Vorteilen besonderen Wert, welche sind relevant für Ihr Unternehmen?
Wenn Sie dann weiterhin unschlüssig sind, entscheiden Sie sich für die Sie-Ansprache. Später können Sie immer noch zur Du-Ansprache wechseln. Umgekehrt – also vom Du wieder zum Sie – ist niemals angebracht!
Wollen Sie sich in das Thema vertiefen, finden Sie auf folgenden Seiten weitere nützliche Informationen:
Zum Weiterlesen: 
https://www.zeitblueten.com/news/per-sie-oder-per-du-unternehmen-siezen-duzen/