Petra Schächtele: Gewinnen, Verlieren oder beste Alternative? Oder …
Zur Person:
Petra Schächtele, mehrfache Buchautorin, Seminarleiterin und Coach für Führungskräfte in den Bereichen Persönlichkeits- entwicklung, Work-Life-Balance, Kommunikation, Rhetorik und Schlagfertigkeit.
… wenn Du zwei Möglichkeiten hast, wähle die dritte!
Was früher mit dem Begriff „Tauschgeschäft“ bezeichnet wurde, wird heute als Verhandlung tituliert und gehört zum täglichen Leben und Arbeiten.
Kinder lernen schon sehr früh, dass sie ein Spielzeug, das sie einem Freund ausleihen, eben nicht mehr selbst zur Verfügung haben, dass abgegebene Schokolade von anderen gegessen wird und dass sie Ärger bekommen, wenn sie sich das rote Spielzeugauto des Bruders, ohne zu fragen, unter den Nagel reißen.
Die Schwarz-Weiß-, Gewinnen-Verlieren- und Besitzen-Weggeben-Kategorien prägen sich schon früh ein. Was die eine Seite bekommt, hat die andere weniger. Das klingt zwar logisch, doch mit etwas Vorbereitung und Vordenken sind zusätzlich viele Graustufen möglich.
Im Harvard Negotiation Project (HNP) wird empfohlen,
beim Verhandeln den Kuchen nicht nur aufzuteilen sondern zu vergrößern.
Was zunächst abstrus klingt, wird beim genaueren Hinschauen durchaus praktikabel.
Wie würden Sie die Orange teilen?
Zwei Schwestern streiten um die letzte Orange, die noch in der Obstschale liegt. Die meisten Menschen würden nun jeder Schwester eine Hälfte geben. Damit wäre die Orange – mit einem Schnitt genau in der Mitte – gerecht verteilt.
Trotzdem kann es gut sein, dass keine der Schwestern damit wirklich zufrieden wäre und dass es, mit etwas Recherche, eine bessere Lösung gegeben hätte.
Der Autor des Harvard Projekts schlägt vor, zunächst zu prüfen, wofür die Schwestern die Orange jeweils verwenden wollen. Praktischerweise möchte die eine die Orange essen, die andere braucht die Orangenschale, um ihren Kuchen zu aromatisieren.
Mit der Aufteilung der Orange in Schale und Inneres werden also die Bedürfnisse beider Schwestern zu 100 % befriedigt – eine Win-Win-Lösung.
Um zu solch einer Lösung kommen zu können, ist die Vorbereitung der Verhandlung wichtig. Hilfreich ist dabei die Frage: „Welches Interesse verbirgt sich hinter der Position?“ – „Was genau will ich / der andere erreichen?“
Nur wer genau weiß, was er erreichen möchte und was alles er dafür bieten kann, kann genügend Alternativen unterbreiten, um eine Win-Win-Lösung zu ermöglichen.
Vor der Verhandlung
Stellen Sie sich vor jeder Verhandlung folgende Fragen und beantworten Sie diese schriftlich:
- Was ist mein Minimalziel?
- Was ist mein Maximalziel?
- An welcher Stelle / bei welchem Preis … steige ich aus?
- Was ist das Ziel der anderen Seite?
- Was habe ich alles anzubieten? (Preis, Service, Prestige …)
- Was ist mein Verhandlungspartner für ein Typ?
Der Verhandlungstyp lässt sich mit den Platinregeln der Kommunikation einschätzen und damit lässt sich herausfinden, welche Behandlung der Verhandlungspartner benötigt, um sich gut zu fühlen und gute Entscheidungen treffen zu können.
Ist der Verhandlungspartner ein Denker, so benötigt dieser viele Fakten und Details, um für sich sicher zu sein und entscheiden zu können.
Für den Beziehungsmenschen muss zunächst die Beziehung und die Verhandlungsatmosphäre stimmen, bevor der Verhandlungsgegenstand wichtig wird.
Der Unterhalter braucht Spaß und Begeisterung, sonst verliert er schnell die Lust am Verhandeln.
Und der Direktor benötigt den Überblick und will die Verhandlung steuern.
Wer diese Aspekte einer guten Vorbereitung berücksichtigt, hat in jeder Verhandlung Vorteile, die sich schnell auszahlen.