Stresstagebuch – (k)ein Tagebuch wie jedes andere

Stress ist ein Phänomen unserer heutigen schnelllebigen Zeit. Und Stress belastet! Insbesondere dann, wenn diese Belastung über einen längeren Zeitraum anhält.

Meiner Erfahrung nach kennen viele Menschen nicht die genauen Ursachen ihrer Stressbelastung – so paradox das klingen mag.

Stress ist meist ein Summenspiel aus mehreren Auslösern. Nur dann, wenn man sie als solche erkennt, kann man effektiv dagegen vorgehen.

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Die belastenden Situationen Revue passieren lassen

Ein Stresstagebuch bietet Unterstützung …

… beim Erkennen der Stressauslöser. Deshalb kann diese schriftliche Auseinandersetzung mit den möglichen Ursachen auch vorbeugend gegen Burnout wirken. Allerdings ist hierfür erforderlich, dass Sie nach der Identifizierung der Stressauslöser geeignete Maßnahmen durchführen, um diese zu beseitigen oder zumindest auf ein mögliches Mindestmaß zu reduzieren.

Denn es gilt, die Ursachen zu erkennen und zu beseitigen, und nicht die Stresssymptome!

Es kommt gar nicht so selten vor, dass der Fokus ausschließlich auf die Stresssymptome (wie z. B. Schlaflosigkeit, Magenbeschwerden) und deren Behandlung gelegt wird, ohne die Stressursachen genauer zu analysieren.

Wenn Sie unter permanentem Druck und Stress stehen und allen Ursachen genau auf die Spur kommen wollen, bietet sich ein Stresstagebuch an.

Was kommt rein?

Grundsätzlich unterscheidet sich ein solches rein formal kaum von einem konventionellen Tagebuch.

Im Stresstagebuch lassen Sie den Tag und die belastenden Situationen schriftlich Revue passieren.

Es enthält also Aufzeichnungen über mehr oder weniger prägnante Erlebnisse, aber auch Gedanken. Allerdings nicht nur die reine Beschreibung der Erlebnisse, sondern vielmehr wird im Tagebuch vermerkt, welchen emotionellen Zustand diese Ereignisse und Gedanken bei Ihnen ausgelöst haben: Ärger, Angst, Nervosität, „den Magen zusammengezogen“, Zittern, …

Dieses schriftliche Reflektieren ist besonders effektiv beim Erkennen der Stressauslöser und birgt so manche Aha-Erkenntnis.

Aber es werden nicht nur belastende Situationen im Stresstagebuch festgehalten. Auch Phasen/Ereignisse können Sie darin vermerken, die besonders entspannend und entlastend auf Sie gewirkt, in denen Sie sich einfach rundum wohlgefühlt haben.

Um einen möglichst exakten Überblick zu erhalten, sollten Sie das Stresstagebuch mindestens eine Woche, besser einen Monat oder länger führen.

Nutzen Sie Erinnerungshilfen

Damit Sie eine lückenlose und damit aufschlussreiche Tagebuchführung erreichen, sollten die Aufzeichnungen im Stresstagebuch parallel oder gleich im Anschluss der negativ erlebten Situation festgehalten werden. Denn dann ist der Eindruck noch frisch und Sie können ihn dadurch eher unverfälscht wiedergeben.

Das ist in der Praxis allerdings selten möglich. Aber eine kurze Notiz in Stichworten oder auf das Smartphone gesprochen (mit Aufnahmefunktion), erfüllt den Zweck der Erinnerungshilfe für die spätere detaillierte Aufzeichnung.

Wenn Sie sich dann beispielsweise am Abend Zeit für Ihr Tagebuch nehmen, können Sie auf die während des Tages gemachten Kurznotizen zurückgreifen.

4 Fragen beantworten

Jede Aufzeichnung im Stresstagebuch sollte mindestens diese vier Fragen beantworten:

  1. Welche belastende Situation ist vorgefallen?

    Beispiel in Stichworten: Laute Vorwürfe vom Chef wegen Verzug mit der Budget-Auswertung.

  2. Wie ist es zu dieser Situation gekommen?

    Beispiel: Ich habe Burkhard bei der Behebung des PC-Problems geholfen. Budget-Auswertung aufgeschoben, in der Meinung, ich schaffe es noch.

  3. Was hat diese Situation bei mir (physisch und psychisch) bewirkt?

    Wut gegenüber Chef, leichtes Zittern, konnte ihm nicht widersprechen, weil er im Recht war.

  4. Wie kann ich in Zukunft eine solche Situation verhindern?

    Indem ich lerne, endlich mal Nein zu sagen. Ich hätte Burkhard nicht helfen müssen, oder erst später.

Darüber hinaus kann auch das Notieren der entsprechenden Uhrzeit hilf- und aufschlussreich sein: Manche Menschen reagieren zu bestimmten Zeiten empfindlicher. Vielleicht sind Sie ein Morgenmuffel, oder Sie benötigen gerade am Abend Ihre Ruhe.

Ziehen Sie die Konsequenzen

Haben Sie über einen längeren Zeitraum das Stresstagebuch geführt, können Sie es zur Analyse Ihrer Stressbelastung heranziehen. Entnehmen Sie daraus, welche Situationen für Sie besonders belastend bzw. entspannend waren – also wann Sie sich wohlgefühlt haben und wann Sie unter Stress standen.

Sie können damit leichter erkennen, ob Sie durch eine bestimmte Tätigkeiten oder Situationen überfordert und belastet sind. Sind Sie beispielsweise immer dann besonders gereizt, wenn ein Bekannter am Abend vorher zu Besuch war, oder wenn Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag trotz Müdigkeit den Abend im Fitnessstudio verbringen?

Ein Stresstagebuch öffnet Ihnen mitunter die Augen für Zusammenhänge, die Sie zuvor nie für möglich gehalten haben.

Mit diesen wertvollen Erkenntnissen lassen sich viel gezielter und leichter Möglichkeiten finden, die Stressbelastung zu reduzieren.


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