Ist das Großraumbüro leistungsfeindlich?

Die Redaktion der österreichischen Wirtschaftszeitung WirtschaftsBlatt hat mich zum Thema „Produktivität in Großraumbüros interviewt. Im Folgenden ein Auszug aus dem in der Printausgabe erschienenen Interview.

pxb_großraumbuero

Auch eine Form von Großraumbüro


Herr Heidenberger, laut einer Umfrage sind es die klassischen Probleme von Großraumbüros, die Arbeitnehmer in ihrer Produktivität hemmen, z. B. Telefonate, Kollegen oder ein zu hoher Lärmpegel. Ist das Modell Großraumbüro in Wahrheit leistungsfeindlich?

So pauschal lässt sich das nicht sagen, es kommt auf die Arbeitssituation an.

Vorteilhaft kann das Großraumbüro dann sein, wenn die Mitarbeiter beispielsweise am gleichen Projekt arbeiten oder einen ähnlichen Aufgabenbereich haben und dadurch ein intensiver Austausch untereinander erforderlich ist. In diesen Fällen bietet das Großraumbüro den Vorteil der kürzeren Kommunikationswege und erleichtert die (projektspezifische) Kooperation und Kommunikation untereinander. Aber das war’s dann auch schon mit den Vorteilen.

Großraumbüros werden von Unternehmen auch aus Kostengründen bevorzugt – im Vergleich zu anderen Büroarten (Einzelbüros, Kleinbüros etc.) sind sie in der Errichtung günstiger. Durch den Entfall von Raumteilern werden Kosten gespart.

Aus der Perspektive der Mitarbeiter überwiegen im Großraumbüro ganz klar die Nachteile. Denn durch den relativ hohen Geräuschpegel und die vielen Ablenkungen (bedingt durch zahlreiche Mitarbeiter im Raum) fällt konzentriertes Arbeiten schwer.

Die daraus resultierende Reizüberflutung führt zu Stress, oft auch unbewusst. Und Stress über einen längeren Zeitraum hat in der Regel negative Auswirkungen auf die Gesundheit, Psyche und Motivation der Belegschaft.

Ebenso birgt das Großraumbüro durch die belastenden Umstände ein höheres Konfliktpotenzial unter den Mitarbeitern, was letztlich auch wesentlichen Einfluss auf das Arbeitsklima haben kann.

Deshalb kann das Modell Großraumbüro durchaus als leistungsfeindlich gesehen werden.

Die Kostenersparnis in der Errichtung ist oft auch nur vermeintlich eine Ersparnis, wenn man die möglichen negativen Auswirkungen in die Kalkulation einbezieht, was allerdings quantitativ vorab nicht möglich ist.

60 Prozent der Befragten sagen, ständig unterbrochen zu werden, sei das größte Problem. Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, sich vor der Störquelle “Ablenkung” zu schützen?

Durchaus, sowohl der Arbeitgeber als auch die Mitarbeiter selbst können entsprechende Maßnahmen treffen.

Der Arbeitgeber sollte, wenn möglich, Ausweichräume schaffen. Dort können sich Mitarbeiter temporär aus dem Großraumbüro zurückziehen, um bei Bedarf konzentriert ohne Ablenkung arbeiten zu können.

Auch interne Vereinbarungen können hilfreich sein. So sollte für alle deutlich ersichtlich sein, wenn ein Mitarbeiter nicht gestört werden darf. Im Einzelbüro ist das ja kein Problem – Vereinbarung: Tür zu bedeutet „Bitte nicht stören!“.

Im Großraumbüro ist das schwieriger. Hier kann ein auf dem Schreibtisch platziertes Hinweisschild „Bitte nicht stören!“ einem gute Dienste erweisen, das bei Bedarf hervorgeholt wird. Damit ist für die Kollegen ersichtlich, wann jemand nicht gestört werden will.

Auch können Ohrenstöpsel nützlich sein. So kann man für eine Aufgabe, die eine hohe Konzentration erfordert, sein Telefon umleiten, Hinweisschild am Schreibtisch platzieren und Ohrenstöpsel verwenden, um sich wenigstens für einen bestimmten Zeitraum abzuschotten und die wahrnehmbare Geräuschkulisse zu reduzieren. Diese Möglichkeit sollte natürlich im Team intern vereinbart und mit der Führungskraft abgesprochen werden.

Eine weitere Möglichkeit bietet die Gleitzeit, die heute in den meisten Unternehmen üblich ist. Also entweder früher ins Büro oder länger bleiben als die meisten Kollegen im Großraumbüro. In dieser Zeit lässt sich aufgrund der geringeren Anwesenheit wesentlich ungestörter arbeiten.

11 Prozent der Befragten haben das Gefühl, zu viele Aufgaben auf einmal erledigen zu müssen. Macht das viel gelobte Multitasking in Wahrheit unproduktiv?

Viel gelobt wird das Multitasking mittlerweile nicht mehr. Es gibt ja inzwischen genug einschlägige Studien, die eindeutig belegen, dass Multitasking die Produktivität nicht wirklich steigert – im Gegenteil.

Inwieweit Multitasking möglich ist, hängt von mehreren Faktoren ab, wie z. B.

  • von der individuellen Konzentrationsfähigkeit,
  • davon, welche Art von Aufgaben per Multitasking erledigt werden sollen (Routinetätigkeiten oder Aufgaben, die mehr Konzentration erfordern),
  • vom Arbeitsumfeld bzw. von der Arbeitsumgebung (z. B. Einzelbüro oder Großraumbüro).

Des Weiteren kann Multitasking auch ein wesentlicher Stressfaktor sein. Denn müssen mehrere Aufgaben möglichst parallel erledigt werden, erzeugt das Stress mit all seinen negativen Auswirkungen. Und noch eines Aspekts sollte man sich bewusst sein:

Multitasking ist nicht nur ein fruchtbarer Boden für Stress, sondern mit der Belastung steigt auch die Fehlerquote.

Jeder Fünfte fühlt sich durch den Lärmpegel gestört. Gibt es Möglichkeiten, die Akustik zu verbessern?

Ja, hier ist insbesondere der Arbeitgeber gefordert (einige Maßnahmen gilt es bereits bei der Planung bzw. vor Bezug des Büros zu berücksichtigen):

  • Werden neue Geräte angeschafft, gilt es, besonderen Wert auf geräuscharme Geräte zu legen.
  • Laute Geräte wie Plotter, Kopierer etc. sollen möglichst in einem separaten Raum untergebracht werden.
  • Pflanzen im Büro sorgen nicht nur für ein angenehmes Raumklima und eine bessere Luft, sondern reduzieren auch den Lärmpegel.
  • Die Verwendung von Headsets bewirkt, dass Telefonierende leiser sprechen.
  • Die Raumwände sollten mit einer schallabsorbierenden Oberfläche versehen sein (z. B. spezielle Anstriche).
  • Ein Kunststoff- oder Teppichboden ist schallabsorbierend, im Gegensatz zu Böden mit Fliesen oder harten Platten.
  • Auch harte Oberflächen von Möbeln (Glas, Keramik, Stahl) reflektieren den Schall. Besser sind Holz- oder Kunststoffmöbel.
  • Mobile Klappwände können auch hilfreich sein, um den Arbeitsplatz zumindest etwas (temporär) abzuschirmen.
  • Personen, die aufgrund ihrer Tätigkeit ständig miteinander kommunizieren müssen, sollen dicht beieinander platziert werden.

Danke für das Interview.

5/5 – (5 votes)


Kommentare

  • Jens Uhlemann

    Eine teure – aber sehr gute! – Alternative zu Ohrstöpseln sind Kopfhörer mit noise cancellation (aktive Antischalltechnik). Diese reduzieren das typische Großraumbürogeräusch schon recht gut. Dazu noch – je nach persönlichem Geschmack – ein wenig leise Musik oder Natursound, und schon ist die nervige Büro-Geräuschkulisse fast völllig verschwunden!

    Sicher keine Lösung für 8 Stunden am Tag, aber für 1-2 Stunden konzentriertes Arbeiten “am Stück” ziemlich gut. Ich nutze das sehr erfolgreich seit mehreren Jahren.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Vielen Dank für den Tipp, Herr Uhlemann!

  • Anna

    Seit 1,5 Jahren sind wir nun in unserem Großraumbüro. Vorher saßen wir in Büros, meistens zu dritt. Dem anstehenden Umzug sahen wir mit gemischten Gefühlen entgegen.

    Das neue Gebäude ist komplett saniert worden. Möbel, Bodenbeläge, Abtrennungen, Pflanzen sind nach den neuesten Erkenntnissen des Schallschutzes integriert worden. Es ist sehr schön geworden. Wir haben einen tollen Loungebereich, wo man bei einem Kaffee zusammen stehen oder sitzen kann. Wir schätzen die kommunikative Atmosphäre.

    Natürlich ist auch klar, hier bekommt jeder fast alles im Umkreis von 10 m mit. So gibt’s nach einem Telefonat schon mal einen Kommentar zum Thema. Aber auch den gemeinsamen Aufbruch in die Kantine verpasst keiner.

    Wem es doch mal zu laut wird kann sich in kleine Räume zurückziehen. Auch lange Telefonate werden aus Rücksicht auf die Kollegen in den so genannten Denkerzellen geführt. Außerdem stehen größere Besprechungsräume zur Verfügung aus denen kein Laut dringt.

    Unsere Drucker sind in separaten Räumen untergebracht. Ich höre keinen Ton von ihnen. Entgegen unserer ersten Erwartungen fühlen wir uns hier sehr wohl und möchten nicht mehr zurücktauschen.

  • Norbert Weiskopf

    Ich habe selbst mehrere Jahre in Großraum- bzw. Gruppenbüros (zw. 4 und 8 Personen pro Raum) gearbeitet und ich teile die Meinung des Autors voll und ganz.

    Großraumbüros klingen in den Augen der Manager gut und lassen sich aufgrund der rechnerisch effizienten Raumnutzung gut verkaufen. Auch sehen sie im leeren Zustand sehr gut aus und machen einen modernen Eindruck.

    Die Wahrheit sieht allerdings anders aus: Es herrschen permanent Störungen vor, sensible Kundengespräche müssen abseits vom eigentlichen Arbeitsplatz geführt werden, konzentriertes und effizientes Arbeiten ist nahezu unmöglich.

    Es mag eventuell Anwendungsbereiche für Großraumbüros geben, allerdings nicht so häufig, wie diese in der Realität anzutreffen sind.

  • Tobias Kolberg

    Für mich als hochsensible Person ist es noch mal eine Nummer schwieriger, in einem Großraumbüro zu arbeiten, was im Moment der Fall ist.

    Ich nehme nicht nur den Geräuschpegel wahr, nein, ich verstehe auch noch fast jedes Wort im Raum, und auch der “Betrieb” in so einem Büro entgeht mir nur selten. Mein Platz, direkt am Fenster zu einer viel genutzten Straße hin, macht es nicht besser, weil ich auch im Augenwinkel noch alles mitbekomme. Das lässt sich leider nicht abstellen.

    Ich nutze dann auch meistens das Headset des Telefons, das über den PC läuft und lass mich mit rein instrumentaler Musik berieseln. Meist kann ich mich so wenigstens ein wenig abschotten und mal etwas konzentriert arbeiten.

    Zum Glück besteht bei mir auch die Möglichkeit, ab und an mal Homeoffice zu machen, da habe ich dann so richtig meine Ruhe, wenn Chat und Telefon aus sind.

    • Andreas

      Hallo

      auch ich bin HSPler und “durfte” vor ca. 15 Monaten im Rahmen eines Firmenumzugs in ein Großraumbüro umziehen. Als Informatiker brauche ich sehr viel Zeit für konzentrierte Arbeit – aber auch immer wieder intensive Gespräche.

      Es war für mich innerhalb weniger Arbeitstage klar, dass ich die Situation nicht unbeschadet überstehen könnte. Den ganzen Tag Musik zu hören, ist auch keine Alternative – für ein paar Stunden nutze ich das an den meisten Tagen aber erfolgreich.

      Ich habe damals oftmals meinem Vorgesetzten vergeblich versucht zu vermitteln, dass ich in diesem Umfeld nicht arbeiten kann. Damit hatte ich begonnen, als das Gebäude noch im Planungsstadium war und natürlich auch nach dem Umzug nicht damit aufgehört. Meine Befürchtungen vor dem Umzug haben sich mehr als bestätigt.

      Als ich ihm einen Internetbericht über Hochsensible in Großraumbüros ausgedruckt in die Hand gedrückt habe mit der Bitte, er solle sich das durchlesen und der Bitte, in ein-zwei Tagen mal mit ihm darüber reden zu wollen, ging es ganz schnell. Seitdem habe ich ein Einzelbüro. Nicht zum Schaden der Firma …

      Wahrscheinlich habe ich Glück mit meinem Vorgesetzten. Doch wenn man Entscheidungsträgern nicht über die spezielle, persönliche Problematik des HSP-seins informiert, können sie auch nicht darauf reagieren.

  • Susanne Scheit

    Ich saß vorher in einem Zweierzimmer. Mein Kollege und ich hatten unterschiedliche Aufgaben und mussten relativ häufig telefonieren. Nach Möglichkeit versuchten wir, nicht parallel zu telefonieren. Während den bei uns häufigen Telefonkonferenzen hatte der andere ein selbst auferlegtes Telefonverbot.

    Ein paar Monate teilte ich ein Zimmer mit zwei Praktikanten, die jeweils zehn Stunden da waren. Eine herrliche Zeit! Für wichtige und diskret zu führende Telefonate und herausfordernde Arbeiten hatte ich nun einen garantierten Zeitpuffer. Leistungen und Laune stiegen.

    Inzwischen sitze ich in einem Viererzimmer. Das hat weder meiner Laune noch meinen Leistungen gut getan. Da sich von meinen Aufgaben nur 50 % mit denen meiner nunmehrigen Kollegen decken, sind Konzentrationsverluste und Ärger vorprogrammiert. Wenn die anderen Leerlauf haben und mal (es sei ihnen vergönnt!) herumalbern können, muss ich ich mich immer noch konzentrieren. Brauchen sie gerade völlige Ruhe, um sich zu konzentrieren, muss ich garantiert ein sehr wichtiges und langes Telefonat entgegennehmen. Gänzlich indiskutabel sind unter diesen Umständen Telefonkonferenzen, deren Zahl bei uns ständig zunimmt. Meine Leistungsfähigkeit ist rapide gesunken, meine Laune noch mehr.

  • Helga

    Vorteil vom Großraumbüro (ich hab 2 Jahre mit 40 anderen Leuten in einem Großraumbüro gearbeitet):

    Man kriegt so manches mit, was einem sonst nicht mitgeteilt wird! Weil: Information war in diesem Betrieb “Hole-Pflicht”, auch den einen oder anderen “Anschiss” vom Chef – unangenehm für den Betreffenden. Und auch Kommunikationswege waren kurz. Man hat sich einfach mal was zugerufen, was auf der anderen Seite dann auch negativ sein kann, denn der Lärmpegel war enorm. Zumal auch ständig die Nadeldrucker ratterten. Sensible Telefongespräche waren total unmöglich und auch die Kunden fragten ab und zu, was denn das für ein Lärm im Hintergrund sei.

    Auch was die Raumtemperatur betraf, gab es immer wieder Reibereien. Die einen wollten nur bei geöffnetem Fenster arbeiten, anderen war dann der Luftzug zu stark, es war zu kalt, zu warm – nie war es wirklich allen recht. Die Lüftung und Heizung funktionierten nur sporadisch.

    Es gab einige, die häufig krank waren, Diagnose Burn-out. Deren Arbeit mussten dann die anderen miterledigen.

    Ich bin froh, dass mir dort gekündigt wurde.

  • Nili

    Ich sitze nun bereits seit 6 Jahren in einem Großraumbüro und es ist die Hölle. Ich kann es leider nicht anders beschreiben.

    Es ist im Raum nie ruhig, sodass man sich kaum konzentrieren kann. Ständig wird telefoniert, miteinander geredet, gelacht. Und das ja auch nicht immer dienstlich. Man hört ja leider zwangsläufig hin, wenn Kollegen telefonieren oder miteinander reden. Es wird innerhalb des Raumes sich auch viel zugerufen, weil man zu bequem ist, kurz zu dem betreffenden Kollegen zu gehen. Die Drucker stehen ebenfalls mit im Raum.

    Zu allem Überfluss sitze ich leider auch noch zwischen dem einzigen Eingang und den einzigen Toiletten. Das Problem hierbei ist, dass 50 Kollegen auf diese Weise jeden Tag einen Lärm verursachen, den man sich kaum vorstellen kann. Es fängt bereits morgens an, wenn jeder einzelne “Guten Morgen!” beim Betreten des Raumes ruft, geht mittags weiter mit “Mahlzeit!” und endet abends mit dem Zuruf “Ich gehe jetzt! Ich wünsche euch allen einen schönen Feierabend! Tschüüüüüss!”. Dann noch das Geknalle der Türen (Eingangstür und Toilettentüren).

    Ich habe irgendwann angefangen, mir große Kopfhörer aufzusetzen. Auch wenn ich keine Musik höre, so wird der Lärm doch ein wenig reduziert. Außerdem betrete und verlasse ich das Büro, ohne Begrüßung oder Verabschiedung. Wenn dann winke ich nur kurz mit der Hand oder lächle jemanden an, wenn dieser mich zufällig ansieht. Ich möchte wirklich nicht unhöflich sein, aber es ist nun mal aus meiner Sicht in einem Großraumbüro nicht anders machbar.

    Einige Kollegen haben sich übrigens bereits angeschlossen und betreten/verlassen das Büro ebenfalls still. Auch mache ich jetzt immer regelmäßig Pause. Früher im Einzelbüro habe ich auch oft durchgearbeitet. Das ist jedoch jetzt nicht mehr möglich. Ich brauche die Pause wirklich sehr, um mal für 30 Minuten abzuschalten.

  • Sarah

    Auch ich litt sehr unter der Arbeit im Großraumbüro, sodass ich mich nach einer neuen Stelle umsah und nun im Homeoffice arbeiten darf.

    Wie hier ja schon erwähnt wurde, ist zum einen der Lärmpegel sehr belastend und zum anderen das Raumklima.

    Ich war immer froh, wenn ich Spätschicht hatte und einige Kollegen in den Feierabend gingen. Zuhause konnte ich keinen TV oder Musik mehr anmachen, da ich einfach nur noch die Stille genießen wollte. Die Konzentration auf die Arbeit litt bei mir sehr darunter. Ich vertrage auch keine Heizungsluft, aber wollte man im Winter lüften, haben immer alle gejammert.

  • Nexgo

    Ich sitze derzeit bei einem Kunden im Großraumbüro. Hier sitzen ca. 150 Personen, die eigentlich geistig hochwertige Arbeit verrichten sollten. Leider ist es trotz Teppich und anderer Schallschutzvorrichtungen extrem laut, sodass es unmöglich ist, sich auf eine Tätigkeit zu konzentrieren.

    Permanent ist man gezwungen, allen Gesprächen zuzuhören, aufgrund des ohnehin extremen Lärmpegels bemüht sich scheinbar auch niemand mehr, sich ruhig zu verhalten, sodass es noch lauter ist als es sein müsste.

    Da es keine Gänge gibt, fungieren die Großraumbüros als Durchgang, um in die anderen Großraumbüros zu gelangen. Dank Feuerschutzvorschriften sind Türen zwischen den Büros eingebaut, die man im Schnitt alle 15 Sekunden zuklatschen hört (1000-mal pro Tür in 8 Stunden – wir haben das mit einem kleinen Bauteil, das es im Elektrohandel gibt, ermittelt).

    Alles in allem ist es hier die Hölle. An manchen Tagen arbeite ich einfach gar nichts wie viele andere auch, und das bei einem Tagessatz von 1.200 Euro. Ich hoffe, die eingesparten Raumkosten erwirtschaften diese Verluste.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Vielen Dank für Ihren Erfahrungsbericht, der auch gut veranschaulicht, dass die Kostenersparnis in der Errichtung oft nur vermeintlich eine Ersparnis ist.

  • PeterGreen

    Ich arbeite seit vielen Jahren in einem Gruppenbüro mit 4 Personen.

    Es gibt zwar auch ein paar Vorteile, die ganz oben schon von Herrn Heidenberger genannt wurden, die Nachteile überwiegen jedoch. Vor allem das Konfliktpotential ist nicht zu unterschätzen. Ablenkungen durch besonders kommunikative Kollegen tragen nicht gerade zur Steigerung der Konzentration bei.

    Ich erlebe jedenfalls, dass die Leistungsfähigkeit deutlich nachlässt wenn alle an ihrem Arbeitsplatz sitzen. Da ist die Urlaubszeit schon das reinste Paradies, trotz Mehrarbeit durch Vertretung. Ich meine selbst Gruppenbüros erzeugen Stress, die über die Jahre gesehen negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit haben.

    Ob das mit den Hinweisschildern auf dem Schreibtisch und den Ohrenstöpseln wirklich durchführbar ist, wage ich zu bezweifeln. Nicht alle Menschen verstehen die Bedürfnisse ihrer Mitmenschen. Oftmals wird sowas gerade dann von anderen Kollegen als Signal ausgelegt: Du gehst mir auf die Nerven! Da bedarf es dann schon großer Fähigkeiten in der Mitarbeiterführung der Vorgesetzten, und ob das immer gegeben ist?

  • Joachim

    Als wir vor 4 Jahren unseren Anbau an die Fertigungshalle bezogen haben, war unser Büro ein einziger großer Raum inkl. Besprechungsecke, Drucker etc. Schnell hatte es den Spitznamen “Großraumverlies”. Zwar gab es etliche Raumteiler, aber der Lärmpegel war dennoch enorm störend.

    Es kam die erste Trennwand zwischen Besprechungsecke und den restlichen 15 Arbeitsplätzen rein.

    Aufgrund zahlreicher Beschwerden (sowohl Lärm als auch Temperatur, da gibts die “Kühlkammer” und den “Saunaclub”) kam die zweite Wand rein. Zusätzlich wurden die Tische zusammengerückt und nun gibt es im einen Raum auf 41 m2 7 Büroplätze und im anderen 12 auf 78 m2.

    Wir gehen uns alle gegenseitig auf die Nerven und diese liegen inzwischen ziemlich blank, es gibt viele Klagen über Konzentrationsstörungen. Zeitweise sitzen mehrere Personen mit Kopfhörern an den Schreibtischen, um etwas ungestörter arbeiten zu können.

    Einzig die Decke ist schallabsorbierend ausgelegt, Boden kann aus Schmutzgründen kein Teppich sein und auch sonst schaut es mau aus. :-(

    Trostpflaster: wenigstens kommen wir untereinander gut aus …

  • Yvonne

    Bei einem Kollegen habe ich auch eine gute Strategie beobachtet, um zur Ruhe zu kommen, obwohl unser Pausenraum voll ist:

    Die unbeliebten Ohrstöpsel, die auf die anderen immer so unhöflich wirken. ;)

    Er bekommt damit etwas Entspannendes in die Ohren und die anderen wissen, dass er sie nicht richtig hören kann, wo er den ganzen Tag schon Kundenbeschwerden usw. auf die Ohren bekommt.

  • Ysanne

    Großraumbüro?

    Leider habe ich meine Arbeitszeiten fast komplett in Großraumbüros verbracht. Bei vielen Firmen.

    Ich bin “Kopfarbeiter”, brauche viel, sehr viel Konzentration. Es gab jedesmal Konflikte, weil ich mir ein eher ruhiges Arbeiten wünschte, aber im Telefonsupport, neben den Firmentoiletten oder neben dem Kaffeeraum untergebracht war oder weil eine Kollegin bei ihren “langweiligen” Arbeiten unbedingt Radio hören wollte.

    Leider haben meine Bitten (!) um ein ruhigeres Büro, um ein Großraumbüro ohne Radiobeschallung oder ohne Nebengeräusche jedes Mal mit einer Kündigung geendet. Von meiner Seite, weil ich die Situation nicht ertragen und keine Arbeitsleistung erbringen konnte, oder weil meine Kollegin mich des Mobbings beschuldigte, da ich meinen Chef um ein Radio-‘Aus’ bat.

    Großraumbüro mag dann angemessen sein, wenn man gemeinsam an Fällen arbeitet, bei denen man zusammen Lösungen diskutiert, sich stets gegenseitig unterstützen muss, wenn gewissermaßen permanente Party-Stimmung nicht nur die Stimmung, sondern auch die Leistung hebt.

    Zudem gibt es im Großraumbüro immer Konflikte über Raumtemperatur und Heizungsverhalten. Immer. In einem kleineren Büro lässt sich das viel eher regeln, da man nur wenige Wünsche unter einen Hut bringen muss.

  • Lauble

    Meine Meinung zu einem Großraumbüro ist, dass dieses bei 400 qm erst beginnt. Und die Arbeitsaufgabe sollte im Mittelpunkt stehen, dann kann das eine sinnvolle Büroform sein, die jedoch wert darauf legen sollte, eine Abschirmung am Arbeitsplatz zu bekommen.

    Welchen Sinn machen denn Ohrstöpsel in einem Büroumfeld, welches bewusst dafür gewählt wurde, die Mitarbeiter auf kurzen Wegen kommunizieren zu lassen??

    • Ysanne

      Welchen Sinn die Ohrstöpsel machen würden? Das heisst, Sie plädieren für eine *Pflicht*, den Lärm und die Rundumbeschallung zu ertragen, auszuhalten, hinzunehmen? Sie haben also ständig, auch in der Nacht, Radio und Fernsehen lautstark laufen, um keine Nachrichten zu verpassen?

      Ich will nicht passiv kommunizieren, wenn ich weder beteiligt bin an dem Projekt, dem Vorgang, noch wenn es um private Details geht. Ich will – und *muss*! – Frau sein über meine akustische Inanspruchnahme.

      Ganz ehrlich, ich finde es ein Unding, dass eine Person über die Geräuschkulisse von 40, 60 oder gar 120 anderen Kollegen entscheidet. Dass eine Person darüber entscheidet, dass das, was sie für gut findet, für alle anderen auch gut ist.

      Das gesamte Konstrukt Großraumbüro ist einfach ein Unding. Ich bin keine Legehenne.

      Und da ist es vollkommen egal, ob ich auf 1,44 qm hausen darf oder auf 401,7 qm.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      @Lauble, zu Ihrer Frage:

      Auch wenn die Büroform bewusst zum Zwecke kurzer Kommunikationswege gewählt wurde – jeder Mitarbeiter wird immer wieder an Aufgaben arbeiten müssen, die seine volle Konzentration erfordern. Wenn diese Konzentration bedingt durch den relativ hohen Grundgeräuschpegel in einem Großraumbüro schwerfällt, dann können Ohrenstöpsel sogar sehr hilfreich und wesentlich effektiver sein als eine Abschirmung.

      Mit ihnen kann man sich zumindest temporär akustisch recht gut abschotten, um konzentriert(er) an wichtigen Aufgaben zu arbeiten. Denn nur die wenigsten Unternehmen mit Großraumbüros bieten (genügend) Ausweichräume, in denen sich Mitarbeiter für konzentriertes Arbeiten bei Bedarf zurückziehen können.

  • Ysanne

    Die Ironie der gesamten, überaus großartigen Idee Großraumbüro ist, dass ich durch die ständigen Störungen, durch das beständige Berieseltwerden mit ungewollten Gesprächen und Geräuschen, in Erschöpfungszustände gerutscht bin. Sie sind durch die andauernde Überlastung chronisch, da ich keine Energie mehr habe, die beständigen Störungen mental abzuschirmen.

    Da ich zudem die Störungen ausgleichen musste mit Mehrarbeit (Arbeitsbeginn um 5:30 Uhr bis gegen 20:30 Uhr, mit max. 45 min Pause), ist die Leistungsfähigkeit zerstört und kann nicht mehr aufgebaut werden. Damit stehe ich vor der Frühberentung. Wie sinnvoll ist das denn?