Bürostuhl einstellen → Video, Checkliste, Anleitung

Zu den häufigsten Beschwerden der „Büroarbeiter“ zählen Verspannungen im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich, aber auch Haltungsschäden und Bandscheibenprobleme sind keine Seltenheit.

Die Verspannungen führen zu Schmerzen, insbesondere zu Rückenschmerzen. Mögliche Ursachen dieser Beschwerden sind die einseitige Belastung, Bewegungsarmut und auch die falsche Einstellung des Bürostuhls.

Dabei lässt sich der Bürostuhl mit wenigen Handgriffen richtig einstellen. Wenig Aufwand, große (oft unterschätzte) Wirkung!

Wer so wie ich den überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit sitzend im Büro verbringt, sollte unbedingt mal einen genaueren Blick auf seine Sitzhaltung und den Bürostuhl werfen. Denn von den Einstellungen des Schreibtischstuhls ist auch die Sitzhaltung abhängig.

Richtig eingestellt, beugt er Schmerzen und Haltungsschäden vor … (Bild: Fotolia©Luisa Leal)

Eine Videoanleitung:


In 5 Schritten den Bürostuhl richtig einstellen

Im Folgenden habe ich die wesentlichsten Punkte aufgelistet, mit deren Umsetzung Sie Ihren Bürostuhl richtig einstellen und damit Beschwerden vorbeugen.

Die einzelnen Punkte vorab in Kurzform:

  1. Die Fußsohlen berühren den Boden.
  2. Zwischen Kniekehlen und Stuhlvorderkante gibt es einen Abstand.
  3. Der (untere) Rücken berührt die Rückenlehne.
  4. Die Sitzfläche ist leicht nach vorne geneigt.
  5. Befinden sich die Unterarme auf der Armlehne oder auf dem Schreibtisch, bilden sie einen rechten Winkel zu den Oberarmen.

Nun die Auflistung in detaillierter Form:

1. Die Fußsohlen berühren den Boden

Stellen Sie die Sitzhöhe so ein, dass Ihre Füße mit den Fußsohlen – also nicht nur mit den Zehenspitzen – den Boden berühren. Dadurch wird Ihr Rücken entlastet. Hängen die Füße hingegen in der Luft, wirkt das für Ihren Rücken auf Dauer anstrengend.

2. Abstand zwischen Kniekehlen und Stuhlvorderkante halten

Zwischen Ihren Kniekehlen und der Stuhlvorderkante sollte ein Abstand von mindestens drei Fingern bestehen. Drückt die Sitzfläche permanent gegen die Kniekehlen, kann es zu Stauungen und Durchblutungsstörungen in den Beinen kommen.

3. Die Höhe der Rückenlehne anpassen

Der Rückenlehne obliegt die Stützfunktion des Rückens. Optimalerweise lässt sich die Lehne kippen und geht mit dem Oberkörper mit, wenn Sie sich zurücklehnen.

Rückenlehnen haben in der Regel im unteren Bereich eine Wölbung, die auch als Lordosenstütze bezeichnet wird und den Lendenwirbelbereich stützt. Die Höhe der Rückenlehne ist dann optimal, wenn diese Wölbung auf der Höhe Ihrer Gürtellinie liegt.

Zumindest im oberen Beckenbereich sollten Sie Kontakt mit der Rückenlehne haben. Wenn dadurch die Kniekehlen die Stuhlvorderkante berühren, ist die Sitzfläche Ihres Bürostuhls offensichtlich zu groß. Bei einigen Bürostühlen lässt sich die Sitzfläche und damit die Sitztiefe anpassen.

4. Leichte Neigung der Sitzfläche

Sollte Ihr Bürostuhl eine Sitzflächenneigung ermöglichen, dann richten Sie die Sitzfläche leicht nach vorn geneigt ein. Dadurch werden eine Wirbelsäulenaufrichtung und eine gerade Sitzhaltung gefördert.


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5. Ober- und Unterarme bilden einen rechten Winkel

Wenn Sie gerade sitzen und Ihre Arme auf den Schreibtisch legen, sollen Oberarme und Unterarme einen rechten Winkel (90 Grad) bilden, ohne dass Sie hierfür die Schultern anheben müssen. Ist das unter Einhaltung des Bodenkontakts Ihrer Füße nicht möglich, dann ist Ihr Schreibtisch zu hoch.

Sollten Sie die Schreibtischhöhe nicht anpassen können (kein höhenverstellbarer Schreibtisch), bietet eine Fußbank bzw. Fußstütze eine Lösung, um sowohl den rechten Winkel zwischen Unter- und Oberarmen als auch den Bodenkontakt der Füße zu gewährleisten:

Hierzu den Schreibtischstuhl nach oben verstellen, bis die Arme einen rechten Winkel bilden, und Füße auf die Fußbank geben, sodass sie nicht in der Luft hängen.

Auch die Armlehnen des Schreibtischstuhls – sofern sie höhenverstellbar sind – sollten in der Höhe so eingerichtet sein, dass die aufgelegten Unterarme einen rechten Winkel zu den Oberarmen bilden. Damit werden die Schultern und der obere Rückenbereich entlastet.

Der Bürostuhl – ausschlaggebend für Freud und Leid

Ein guter Bürostuhl ist nicht günstig, auf alle Fälle aber eine sinnvolle Investition, denn es geht um Ihre Gesundheit.

Ein billiger Schreibtischstuhl hat meist keine oder wenige Einstellmöglichkeiten und kann deshalb nicht an die individuellen Anforderungen angepasst werden. Und genau diese Einschränkungen führen zu den eingangs erwähnten Belastungen und Schmerzen.

Der optimale Bürostuhl hat

  1. einen Fünfsternfuß mit Rollen,
  2. ein Mindestgewicht von 15 kg,
  3. einen höhenverstellbaren Sitz,
  4. eine neigbare Sitzfläche,
  5. höhenverstellbare Armlehnen
  6. und eine verstellbare Rückenlehne.

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Es gibt Alternativen zum Bürostuhl

Drei der bekanntesten sind:

Der Sitzball

Vor einigen Jahren galten Sitzbälle als gesunde Alternative zum Bürostuhl schlechthin, mittlerweile sieht man sie kaum noch in Büros.

Das von Medizinern empfohlene „dynamische Sitzen“ (wechselnde Belastung durch häufige Veränderung der Sitzhaltung) wird mit Sitzbällen ermöglicht.

Sie haben allerdings auch Nachteile: Ein Sitzball ist nicht höhenverstellbar, man kann damit leicht umkippen und repräsentativ ist er auch nicht wirklich.

Umkippgefahr! Vorsicht!

Swopper

Dieses Sitzmöbel ist eine Art höhenverstellbarer, schwingender Hocker und vereint die Bequemlichkeit eines Bürosessels mit den gesundheitlichen Vorteilen eines Sitzballs und ist besonders bei Rückenschmerzen und Bandscheibenproblemen zu empfehlen.

Steharbeitstisch/Stehpult

Der häufige Wechsel zwischen Sitz- und Stehposition ist immer noch die beste Möglichkeit, einseitiger Belastung vorzubeugen. Nun gibt es (elektrisch) höhenverstellbare Schreibtische. Damit lässt sich ein Sitzarbeitsplatz ruckzuck in einen Steharbeitsplatz verwandeln. Allerdings sind diese höhenverstellbaren Schreibtische recht teuer. Auch ein konventionelles Stehpult erfüllt seinen Zweck.

Mir ist ein Unternehmen bekannt, das zusätzlich zu den normalen Schreibtischen einige Arbeitsplätze mit Stehschreibtischen ausgestattet hat. Dadurch können Mitarbeiter zwischendurch für bestimmte Tätigkeiten auf diese Steharbeitsplätze ausweichen.

Checkliste: Ergonomie im Büro

Da im Büro nicht nur der Bürostuhl den ergonomischen Anforderungen gerecht werden sollte, sondern der gesamte Arbeitsplatz danach ausgerichtet sein sollte, habe ich noch eine entsprechende Checkliste zusammengestellt. Mit dieser Checkliste können Sie bezüglich der Ergonomie einen kritischen Blick auf Ihren Arbeitsplatz werfen.

Gehen Sie Punkt für Punkt durch. Je mehr Punkte Sie abhaken können, desto besser ist es um die Ergonomie an Ihrem Arbeitsplatz bestellt. Die nicht abgezeichneten Punkte zeigen Handlungsbedarf auf. Hier sollten Sie die Hebel ansetzen – zum Wohle Ihrer Gesundheit.


Drei effektive Rückenübungen

Um dem Rücken zwischendurch etwas Gutes zu tun, habe ich im Folgenden noch drei effektive Rückenübungen für Sie. Es geht nicht darum, dass Sie täglich alle drei Rückenübungen durchführen. Eine einzelne genügt. Es kommt auf die Regelmäßigkeit an.

Jede einzelne Übung nimmt nicht mehr als zwei Minuten in Anspruch – abhängig von der Anzahl der Wiederholungen. Und was sind schon zwei Minuten am Tag. Diese lassen sich wohl in jedem hektischen Arbeitstag unterbringen.

Ihr Rücken freut sich über die willkommene Bewegungsabwechslung und Stärkung.

Rückenübung I

  1. Schieben Sie Ihren Bürosessel etwas weg vom Schreibtisch und stellen Sie sitzend Ihre Beine fest auf den Boden.
  2. Verschränken Sie nun die Hände hinter Ihrem Kopf.
  3. Drehen Sie nun den Oberkörper so weit möglich nach rechts.
  4. Dann drehen Sie sich mit dem Oberkörper möglichst weit nach links. Aber immer langsam.
  5. Insgesamt ca. 5x nach links und 5x nach rechts.
  6. Lassen Sie dann die Schultern hängen und schütteln Sie Ihre Arme aus. Die Muskeln werden wieder gelockert.

Rückenübung II

Für diese Übung benötigen Sie einen Stock – ein Regenschirm tut’s auch.

  1. Sitzen Sie aufrecht im Bürostuhl mit den Beinen fest auf dem Boden.
  2. Nehmen Sie nun den Regenschirm mit beiden Händen haltend hinter den Kopf.
  3. Ziehen Sie diesen Regenschirm dann langsam hinter Ihren Rücken in Richtung Gesäß.
  4. Dann wieder ganz langsam nach oben, bis die Arme gestreckt sind.
  5. Wiederholen Sie das Ganze etwa 3x.

Rückenübung III

  1. Sitzen Sie wieder aufrecht mit beiden Beinen fest auf dem Boden.
  2. Verschränken Sie nun die Finger (nicht die Hände) ineinander.
  3. Strecken Sie dann die Hände mit den verschränkten Fingern so weit wie möglich gerade nach vorne.
  4. Drehen Sie nun die Handflächen nach außen.
  5. Machen Sie den Rücken rund („einen Buckel machen“).
  6. Ziehen Sie das Kinn zur Brust.
  7. Verharren Sie in dieser Stellung eine Weile.
  8. Dann langsam wieder aufrollen.

Verspannungen entspannen – eine Übung für zwischendurch

Abschließend stelle ich Ihnen noch eine einfache und effektive Übung vor, die Sie ebenso in Ihren Büroalltag integrieren können. Damit können Sie zwischendurch auch Verspannungen vorbeugen und abbauen, die durch einseitiges und längeres Sitzen entstehen.

Diese Entspannungsübung lässt sich sowohl im Sitzen als auch im Stehen durchführen. Wenn Sie die Möglichkeit finden, diese im Liegen durchzuführen, ist es umso besser.

  1. Atmen Sie einige Male tief durch.
  2. Spannen Sie dann Ihren Körper an – alle Körperpartien, alle Muskeln, die Sie bewusst beeinflussen können. Steigern Sie diese Spannung, soweit es Ihnen möglich ist.
  3. Halten Sie diese Körperspannung etwa eine halbe Minute lang.
  4. ENTspannen Sie Ihren Körper wieder.
  5. Wiederholen Sie diese Abfolge.
  6. Atmen Sie abschließend wieder mehrmals tief durch.
  7. Stehen Sie auf und schütteln Sie abschließend sämtliche Glieder kräftig durch.

Die Wechselwirkung von Spannung und Entspannung der Muskelpartien bewirkt eine wohlige Wärme und ein angenehmes Schweregefühl im Körper, denn beim Anspannen der Muskeln wird Blut in die Gefäße gepumpt. Lässt die Muskelspannung nach, kommt es zu einer Erweiterung der Gefäße, die sich dann mit mehr Blut füllen.


Bilder: Fotolia©karam miri, Fotolia©apops

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Kommentare

  • Sepp Hermann

    Sehr interessanter Artikel!

  • Joseph Miller

    Den Sitzball im Büro bitte vergessen. Unter Arbeitsschutz-Gesichtspunkten ein “no-go”. Passiert was wird sich die Berufsgenossenschaft weigern zu zahlen, da er nicht den heutigen Anforderungen entspricht. Als Übungsinstrument für Rückenübungen ok.

  • Anton Schwarz

    Sehr schöner Artikel zum Thema.

    Mir persönlich hilft es am besten, möglichst häufig aufzustehen und mich zu bewegen. Bewegung löst Verspannung sehr schnell.

  • Gabriel

    Deine Checkliste für Ergonomie am Arbeitsplatz habe ich so gut wie möglich umgesetzt und muss sagen, dass ich bereits nach wenigen Tagen eine Erleichterung gespürt habe. Ich hätte nie gedacht, dass sich ein falsch eingestellter Bürostuhl so stark auf den Körper auswirken kann.

    Inzwischen habe ich auch damit begonnen, meine Rückenmuskulatur aktiv zu stärken. Da kommen die Übungen genau richtig. =) So wie bei den meisten Menschen, konnten auch meine Rückenbeschwerden mit Bewegung gemindert werden, auch wenn das Bedürfnis nach Ruhe da war.