Wie Kinder lernen, Konflikte selbst zu lösen

Gastbeitrag von Dr. Priska Heidenberger, Kindergartenpädagogin und Kinderbuchautorin:

Wenn Kinder streiten und Erwachsene versuchen, deren Konflikte zu lösen, dann wird das Bedürfnis nach Anerkennung häufig untergraben. Oft läuft es auf Anschuldigungen oder Verurteilungen hinaus. Ich stelle Ihnen nun eine Methode vor, wie Sie mit Kindern Konflikte lösen. Besser gesagt: wie Kinder Konflikte selber lösen.

Das ist das Entscheidende daran:

Nicht wir Erwachsene lösen den Konflikt, sondern wir stehen den Kindern bei, diesen eigenverantwortlich zu lösen.

Wenn Kinder ihre Konflikte selbst austragen, lernen sie zuzuhören, ihre eigene Meinung zu kommunizieren, selbst eine Lösung zu finden. Und sie erfahren diese Werte gleichzeitig vom Gegenüber: Sie werden gehört, dürfen ihre Meinung vertreten. Das sind letztlich wichtige Eigenschaften für ein friedvolles Zusammenleben.

Versuchen Sie, auf Schimpfen, auf Schuldzuweisungen und auf Sätze wie „Hört auf zu streiten!“ oder „Der Klügere gibt nach!“ zu verzichten.

Jedes Kind wünscht sich, dass seine Version der Dinge gehört wird. Wenn wir Kinder nicht verurteilen, dann brauchen sie sich nicht vor uns zu verteidigen. In dem Maße, wie Kinder ihre Sicht der Dinge darlegen dürfen, wächst das Vertrauen zu uns Erwachsenen.

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Kinder können Konflikte lösen …


Weitere Themen, um Ihr Kind zu fördern:


Wir Erwachsene sind Konfliktvermittler

Also, wie funktioniert das nun im Alltag?

Das Wichtigste habe ich bereits erwähnt: Es sind nicht wir Erwachsenen, die den Konflikt lösen sollen, sondern es ist das Kind. Wir Erwachsene sollen den Vermittler zwischen den Kindern geben:

  • ruhig bleiben
  • kommunizieren, was man sieht
  • Aussagen der Kinder wiederholen und zusammenfassen
  • Kinder nach einer Lösung (für die Auseinandersetzung) fragen

Dazu ein Beispiel:

Lukas und Gerald spielen Lego. Gerald bittet Lukas um das rote Legoteil, das er in der Hand hält. Lukas will es Gerald nicht geben. Gerald versucht, mit Lukas zu handeln:

„Du kannst ein anderes Legoteil nehmen, das blaue ist viel schöner.“ Lukas lässt sich nicht erweichen. Gerald gibt nicht auf: „Wenn du mir nicht das Lego gibst, bin ich nicht mehr dein Freund.“ Lukas lässt sich auch davon nicht beeindrucken. Dann reißt Gerald ihm das Legoteil aus der Hand, Lukas schlägt ihm daraufhin auf den Kopf. Nun haben wir einen handfesten Konflikt.


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Auszug aus den Rezensionen / ANGELA BAUMGARTNER, Dipl. Sozialberaterin, Lienz: „Ich bin absolut begeistert von dem Inhalt. Als Legasthenietrainerin weiß ich, wie wichtig die Aufmerksamkeit für ein erfolgreiches Lernen ist. Alle Übungen sind sehr wertvoll, abwechslungsreich, motivierend und vor allem auch umsetzbar. Ein weiterer wertvoller Schatz für meine Arbeit mit Kindern.“


Wie lässt sich dieser Konflikt lösen?

Ich gehe zu Gerald und Lukas und sage zu ihnen: „Lukas und Gerald, bitte legt eure Spielsachen weg und setzt euch neben mich. Ich möchte mit euch reden.“

Wenn ich mit den Kindern einen Konflikt kläre, dann setze ich mich immer auf den Boden. Das bringt schon einmal Ruhe in die Situation. Zudem kann ich mit den Kindern auf Augenhöhe sprechen und signalisiere ihnen, dass wir Konflikte ausreden können.

Sprechen Sie auf Augenhöhe mit Ihrem Kind.

Ich sage zu Lukas: „Lukas, ich habe gesehen, dass du Gerald auf den Kopf geschlagen hast.“

Also keine direkte Anschuldigung, sondern ich kommuniziere, was ich gesehen habe. Ich verzichte auf jede Bewertung.

Wenn wir ausschließlich beschreiben, was wir sehen, verurteilen wir nicht.

Lukas erklärt: „Ja, weil Gerald mir mein Lego genommen hat und das will ich nicht.“
Ich: „Gerald, Lukas hat gesagt, dass du ihm sein Lego genommen hast und dass er das nicht will.“

Ich verzichte erneut auf jede Anschuldigung und beschränke mich darauf, Lukas Worte zu wiederholen.

Gerald: „Ja, weil er mich geboxt hat!“
Lukas: „Gerald hat mich zuerst geschlagen.“
Gerald zu Lukas: „Nein, du hast begonnen.“
Lukas: „Nein, du.“

So geht es ein paar Mal hin und her. Dann greife ich in das Gespräch ein. Ich fasse die Aussagen beider Buben zusammen und versuche eine Lösung herbeizuführen:

„Gerald, Lukas hat gesagt, dass du ihn geschlagen hast und dass er das nicht will. Lukas, Gerald hat gesagt, dass du ihn geboxt hast. Habt ihr eine Idee, was ihr tun könntet, damit ihr beide wieder zusammen spielen könnt?“

Diese Führung durch den Erwachsenen ist wichtig. Kinder haben noch keine Übung darin, von selbst Lösungen für ihre Konflikte zu finden. Kinder werden das erst lernen. Aber die Verantwortung der Konfliktlösung bleibt bei den Kindern.

Lukas: „Gerald soll in der Legokiste schauen, ob er ein anderes Teil findet.”
Ich: „Gerald, Lukas hat die Idee, dass du dir in der Legokiste den Legostein suchst, den du brauchst. Könntest du das machen?“

Ich frage Gerald, ob das für ihn möglich wäre. Ich verzichte, über ihn zu bestimmen. Dies macht einen wesentlichen Unterschied. Kinder ernst nehmen bedeutet, sie um ihre Bereitschaft zu fragen und nicht über sie zu bestimmen.

Gerald: „O. K.“
„Lukas, Gerald ist bereit, einen Legostein in der Kiste zu suchen.”
Lukas: „Ist gut!“

Gerald sucht sich das Legoteil, das er braucht, in der Legokiste. Lukas und Gerald spielen dann in Ruhe weiter. Der Konflikt ist geklärt. Die Kinder haben ihren Konflikt selbst gelöst.

Ich will Ihnen nichts vormachen. Diese Art der Konfliktlösung braucht Zeit. Viel mehr Zeit, als wenn der Erwachsene den Konflikt der Kinder beendet. Doch es zahlt sich aus, um bei Kindern das Selbstbewusstsein und die Fähigkeit der Konfliktlösung zu fördern.

Buch-Tipp – von erschöpften Eltern empfohlen:


Was Kinder stark macht

Abschließend hier noch eine vom Schweizer Eltern-Magazin „Fritz+Fränzi“ präsentierte, liebevoll gestaltete Videoserie zum Thema „Was Kinder stark macht“:


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Kommentare

  • Marlon Schell

    Sehr informativer Beitrag zum Thema Konflikte bei Kindern. Dankeschön.

    • Burkhard Heidenberger | ZEITBLÜTEN

      Vielen Dank!